Natur & Gesundheit

Draußen gesund werden

Ich muss raus, draußen wartet meine Gesundheit

Autor & Autorin: Manfred Hofferer, Renate Fanninger & Team, © BPÖ 2023

Die Natur rückt wieder zunehmend in den Fokus des Interessens von sich mit Gesundheit beschäftigten und wird von allen möglichen Richtungen und Disziplinen vor allem werbemäßig und hin in Richtung Monetarisierung bearbeitet, beackert und förmlich ausgequetscht. Die Beschreibungen überschlagen sich mit dem, was da nicht alles wirksam, wichtig und möglich ist.

 

Das hat zur Folge, dass, getrieben durch die Medien, zunehmend mehr Menschen auf den „Natur als Gesundheitsraum Hype“ aufspringen. Und wie bei jedem Trend, blüht das Thema in unfassbar bunter Weise und erzeugt wundersame und nicht immer ungefährliche Blüten. Eine Gefahr, die sich aus diesem Umstand ergibt, ist die, dass die Verantwortung in Bezug auf die eigene Gesundheit zunehmend auf die Natur übertragen bzw. sogar abgewälzt wird. Und daher ist es auch nicht überraschend, dass man immer häufiger zu hören bekommt: Ich muss mir ein Zirbenholz Bett kaufen, dann wird der Schlaf besser. Ich gehe in den Wald und der Stress löst sich von selbst. Der Einsatz von selbst gesammelten und hergestellten ätherischen Ölen reicht, um das Wohlbefinden zu verbessern. Es hilft der Psyche, barfuß über Stock und Stein zu wandern, es schafft Erleichter- und Linderung, wenn selbstgepflückte Kräuter zu Tees gebrüht, Pilze granuliert und dem Essen beigemengt werden, und wenn man sich unter einen Baum setzt oder ihn umarmt, dann fällt Unangenehmes ab und alles wird gut.

 

Fakt ist, dass es zwar ernst zu nehmende wissenschaftlich fundierte und belastbare Hinweis gibt, dass Natur und was aus ihr kommt, die Gesundheit fördern kann, aber das reicht nicht per se; von selbst und aus sich heraus anzunehmen, dass sie ohne kritische Prüfung in jedem Fall der Gesundheit zuträglich ist, fördernd oder gar als heilend begriffen und dargestellt werden kann. Fakt ist; nur ein Beispiel, dass Kamillentee bei einer Reihe von Beschwerden hilft. Das trifft jedoch nur zu, wenn es sich um einen Arzneimitteltee handelt und der kann nicht so leicht von Frau, Mann oder Divers hergestellt werden. Zudem ist er grundsätzlich kontraindiziert bei Überempfindlichkeiten und bei einer Allergie gegen Korbblütler. Und hier gibt es eine weitere Faktenseite, nämlich die, dass toxikologische Untersuchungen gezeigt haben, dass die Pyrrolizidinalkaloide die Leber schädigen und Leberkrebs verursachen können. Das ist der Grund, warum Expertinnen und Experten explizit dazu raten, Kamillentee nicht in übermäßig großen Mengen und über einen längeren Zeitraum zu sich zu nehmen.

 

Ein weiteres Faktum ist, dass es neben einer ganzen Reihe von anderen psychologischen Effekten die Autosuggestion ist, wie sie in der Psychotherapie eingesetzt wird und es den Placeboeffekt gibt, bei dem durch den Glauben an die Wirkung von etwas; bspw. einem Kraftbeutel, der gefüllt mit Naturmaterial um den Hals getragen wird, das Böse abhält, sich ein subjektiv empfundener symptomlindernder Zustand oder eine Befindlichkeitsverbesserung einstellen kann. Das ist gut, aber auch in diesem Fall ist es nicht die Natur, sondern der Mensch, der für die Wirkung verantwortlich ist.

 

Frage: Ist es vielleicht nicht nur so, dass, wie schon lange bekannt, in Wahrheit das eingebunden sein in ein tragfähiges soziales Netzwerk, stabile Beziehungen, ein Einkommen, mit dem Frau, Mann und Divers auskommen kann, Bildung, regelmäßige körperliche Aktivität, eine bewusstere und ausgewogene Ernährung, ein gutes Verhältnis zwischen Arbeit, Entspannung und Erholung, der Verzicht bzw. die Reduktion von Alkohol, Rauchen und die Einnahme anderer schädlicher Substanzen sowie ein bewussterer Umgang mit dem Internet, verknüpft mit der regelmäßigen Inanspruchnahme von Vorsorgeuntersuchungen, die zentralen Faktoren sind, die Gesundheit tatsächlich nachhaltig fördern?

 

In diesem Sinne ist die Natur durchaus ein guter Ort, die Bühne und ein geeigneter Rahmen, innerhalb dessen die Pflege der Gesundheit angegangen und ungesetzt werden kann, aber eben nicht nur. In jedem Fall bleibt, dass es am Ende; neben einer Vielzahl von Einflussfaktoren der Mensch, seine Haltung und konkreten Handlungen sind, die primär zur Erhaltung der Gesundheit bzw. zu einer Gesundung beitragen.

 

Wenn Interesse und Bedarf bestehen, bearbeiten wir dieses Thema gerne vertieft in unseren Ausbildungsangeboten. Reden wir darüber:


Ohren auf!