Will ich nicht!

Anstrengung vermeiden

Was hat es mit diesem Phänomen auf sich?

Autorin: Renate Fanninger & Team, © BPÖ 2023

In der Welt der Psychologie gibt es eine Vielzahl faszinierender Themen, die das Wahrnehmen, Verhalten, die Emotionen sowie die Entscheidungen der Menschen beeinflussen. Eines dieser Themen ist die Anstrengungsvermeidung, ein Phänomen, das Betroffene oft unbewusst steuert und einen nicht unerheblichen Anteil an Erfolg oder Misserfolg hat.

 

Der Begriff Anstrengungsvermeidung bezieht sich in der Psychologie auf das Verhalten bzw. die Einstellung und Haltung einer Person, bei der Anstrengungen oder Herausforderungen tunlichst aus dem Weg gegangen wird, um sich unangenehmen Reaktionen und negativen Gefühlen wie Stress, Angst oder Frustration zu entziehen. Diese Art des Vermeidens kann sich in verschiedensten Lebensbereichen manifestieren, bspw. allgemein in sozialen Zusammenhängen aber auch der Beziehung und Partnerschaft, in der Aus-, Fort- oder Weiterbildung genauso wie im Beruf, oder bei Freizeitaktivitäten.

 

Was verbirgt sich hinter diesem Verhalten? Psychologische Ursachen der Anstrengungsvermeidung: 4 Hauptgründe

  • Angst vor Versagen: Die Angst vor Versagen ist eine der häufigsten Ursachen für Anstrengungsvermeidung. Menschen, die stark von der Furcht vor negativem Feedback oder Misserfolg geprägt sind, neigen dazu, mehr oder weniger anspruchsvolle Aufgaben zu meiden, um möglichen Enttäuschungen aus dem Weg zu gehen.

  • Vermeidung von Unbehagen: Anstrengung geht nicht selten mit Unbehagen einher. Das Unbehagen kann physisch sein, wie etwa bei körperlicher Anstrengung, oder emotional, wie bei der Auseinandersetzung mit schwierigen Problemen. Indem Menschen solche Unannehmlichkeiten meiden, verhindern sie vorübergehend negative Emotionen.

  • Geringes Selbstvertrauen: Ein Mangel an Selbstvertrauen ist ebenso regelmäßig die Ursache für Vermeidungsverhalten. Dabei unterschätzen diese Personen - aus unterschiedlichen Gründen - ihre eigenen Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kompetenzen. Aus diesem Grund vermeiden sie Situationen, die eine gewisse Anstrengung erfordern.

  • Sofortige Befriedigung: In einer Welt, die von unmittelbarer Befriedigung geprägt ist, neigen zunehmend mehr Menschen dazu, kurzfristige Belohnungen langfristigen Zielen vorzuziehen. Das Vermeiden von Anstrengung führt dann zwar zu einer schnellen Entlastung und Beruhigung, hat aber langfristig Stagnation im Bereich des sich Aussetzens von Anstrengungen zur Folge.

Wie schon zuvor angedeutet bringt die Anstrengungsvermeidung zwar kurzfristig Entspannung und Erleichterung, aber mittel- und langfristig zieht sie eine Reihe von negativen Auswirkungen mit sich. Drei Beispiele dazu:

  • Verpasste Chancen: In dem Maße, wie Anstrengungen vermieden werden, werden auch entsprechend Möglichkeiten und Chancen verpasst, die geeignet wären und bspw. helfen könnten, neue Ziele zu erreichen.

  • Eingeschränktes Wachstum: Anstrengungsvermeidung schränkt ein und verhindert Möglichkeiten des persönlichen Wachstums. Die Herausforderungen, die Personen veranlassen oder vielleicht sogar zwingen, über bestehende Grenzen hinauszugehen, sind oft diejenigen, welche die größten Chancen für Weiterentwicklung bieten.

  • Sinkende Selbstachtung: Zudem nährt die anhaltende Anstrengungsvermeidung auf Zeit ein negatives Selbstbild. Das ständige Vermeiden von An- und Herausforderungen beeinträchtigt demnach das Selbstwertgefühl und verstärkt zunehmend das Gefühl, nicht in der Lage zu sein, bspw. Schwierigkeiten, Problemstellungen oder Lösungen eigenständig zu bewältigen.

Um die Anstrengungsvermeidung halbwegs in den Griff zu bekommen und passende Bewältigungsstrategien aufzubauen, helfen zumindest fünf Maßnahmen:

  • Selbstreflexion: Bewusstsein ist der erste Schritt zur Veränderung. Indem sich die Person ihrer Tendenzen zur Anstrengungsvermeidung bewusstwird und in der Folge nicht abwehrt, kann sie gezielt an deren Bewältigung arbeiten.

  • Realistische Ziele setzen: Das Festlegen von realistischen Zielen und Teilzielen ermöglicht es, Herausforderungen in überschaubare Schritte zu zerlegen, was die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass diese in der Praxis tatsächlich angegangen und entsprechend umgesetzt werden.

  • Positive Selbstgespräche führen: Das Überwinden von Anstrengungsvermeidung erfordert immer auch die Änderung der stillen inneren Dialoge. Dabei unterstützen und helfen vor allem positive Selbstgespräche und die laufende Ermutigung zur Selbstakzeptanz.

  • Belohnungssystem aufbauen: Eine genauso wichtige Maßnahme sind Selbstbelohnungen für erzielte Fortschritte. Diese kleinsten, kleinen Belohnungen tragen dazu bei, positive Assoziationen mit dem Verlauf und dem Aufwand, der damit verbunden ist herzustellen und halten die Motivation zur Weiterarbeit aufrecht.

  • Achtsamkeit und Stressbewältigung: In jedem Fall unterstützen Techniken der positiven Stressbewältigung (z.B. regelmäßige Bewegung, gesunde Ernährung, ausgeglichenes Zeitmanagement und Entspannungstechniken) beim Abbau von Anstrengungsvermeidung und helfen, die Unannehmlichkeiten, die oft damit einhergehen, noch besser zu in den Griff zu bekommen und zu bewältigen.

Anstrengungsvermeidung ist zwar ein alltägliches Verhalten, das tief in der Psyche der Menschen verwurzelt ist, aber; dessen muss man sich bewusst sein, dass immer, wenn übermäßig gegeben ein massives Hindernis für Veränderung und Entwicklung darstellt. Verändert werden kann die Anstrengungsvermeidung durch Einsicht und Verständnis für die psychologischen Mechanismen hinter diesem Verhalten. Das bildet die Voraussetzung um gezielt daran arbeiten und sie überwinden zu können. Indem Maße wie sich die Person der negativen Auswirkungen bewusstwird und bewährte Bewältigungsstrategien anwenden kann, öffnen sich neue Türen zu persönlichem Wohlbefinden, Wachstum und Erfolg. In jedem Fall benötigt die Überwindung der Anstrengungsvermeidung Zeit, Geduld mit sich selbst und Anstrengung, aber die Belohnungen sind es wert, denn sie führen zu einer erfüllteren und reicheren Lebenserfahrung und Lebensführung.

 

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