Autonomie und Selbstgestaltung

Selbstermächtigung durch Bildung

Handlungsfähigkeit als Schlüssel zur Entwicklung

Der Begriff der Selbstermächtigung, auch unter „Empowerment“ genutzt, beschreibt weit mehr als Selbstbestimmung. Gemeint ist ein aktiver Prozess der Rückgewinnung von Kontrolle über das eigene Leben. Im Zentrum steht (bspw. im Bereich von pädagogischen Soft-Skill-Trainings) der Aufbau und die Entwicklung von Wissen, Handlungskompetenz, persönlicher Wirksamkeit und Autonomie, getragen von einer Haltung des Vertrauens in das eigene Potenzial.

 

In der psychologischen und pädagogischen Praxis bedeutet das einen Bruch mit defizitorientierten Vorstellungen, Zugängen und Modellen. Anstatt Defizite und Probleme zu fokussieren (die zwar vorhanden sind), wird die Aufmerksamkeit in der pädagogischen Arbeit primär auf vorhandene Kenntnisse, Fertigkeiten, Kompetenzen, Ressourcen und Entfaltungs- und Entwicklungsmöglichkeiten gerichtet. D.h., dass die Lernenden grundsätzlich als kompetent gelten, auch in schwierigen Lebenslagen und unter besonderen spzialen oder psychischen Bedingungen.

 

Dieses Menschenbild verändert die Beziehung zwischen Lehrenden und Lernenden in einer besonderen Weise. In einem praxisnahen Beispiel bedeutet das z. B., dass eine Lehrende im das Lernen begleitenden Coaching, nicht mit Ratschlägen reagiert, sondern gezielt Fragen stellt, um die Reflexion zu fördern und den Lernenden Raum für eigene Lösungswege zu eröffnen. Diese Unterstützung und Begleitung erfolgen auf Augenhöhe, mit dem Ziel, bei den Lernenden Ressourcen zu aktivieren, Standpunkte zu erkennen, Perspektiven zu erweitern und damit Hemmungen und Barrieren abzubauen und Entwicklung zu ermöglichen.

 

Doppelte Verankerung: Selbstermächtigung als innerer und äußerer Prozess

 

Die Dynamik der Selbstermächtigung muss in zwei Richtungen dacht werden: Einerseits als individueller Prozess der Selbstaktivierung, andererseits als professionell unterstützter Entfaltungs- und Entwicklungsweg. Der Mensch strebt naturgemäß nach Selbstgestaltung und Autonomie. Doch nicht zu jeder Zeit und in jedem Lebensabschnitt sind die Rahmenbedingungen dafür gegeben. Hier setzt professionelle Unterstützung an: durch das Schaffen von äußeren und inneren Räumen, in denen Lernende durch behutsame Anleitung, Feedback und durch gezielte Strukturierung der Lernprozesse selbst wirksam sein können.

 

Diese Wechselwirkung zeigt sich besonders deutlich im Konzept des „Scaffoldings“. D.h., dass An- und Herausforderungen so strukturiert werden müssen, dass sie weder unter- noch überfordern. Nur dann entsteht ein Lernraum, in dem Selbstwirksamkeitserfahrungen möglich sind (Scaffolding meint hier eine unterstützende Struktur, die individuelle Lernprozesse gezielt begleitet). Dieser Umstand bildet die Grundlage für eine nachhaltige Stärkung des Selbstbildes und der erlebten Handlungskompetenz.

 

Praxisfelder der Selbstermächtigung: Von der Organisation bis zur Gemeinschaft

 

Selbstermächtigung ist kein exklusives Konzept der psychologischen Beratung oder Therapie, sondern durchdringt verschiedenste Kontexte und eben auch den der Pädagogik. Bspw. lässt sich Empowerment im organisationalen Bereich durch vier zentrale Dimensionen beschreiben: Bedeutsamkeit, Kompetenz, Selbstbestimmung und Einfluss. Auszubildende und Mitarbeitende genauso wie Führungskräfte, die diese Elemente in sich erleben, zeigen nachweislich eine höhere Zufriedenheit, ein stärkeres persönliches Engagement und auch entsprechend bessere Leistungen. Ganz wichtig zu verstehen ist, dass die Stärkung kollektiver Handlungskraft dabei Hand in Hand mit individueller Entwicklung geht.

 

In der Bildungspraxis bedeutet das etwa, das jungen Erwachsenen Räume geben und zur eigenen „Bespielung“ zur Verfügung gestellt werden müssen, in denen sie ihre Erfahrungen sozialer Wirksamkeit machen können, sei es durch Projektarbeit, Beteiligungsformate oder das Einüben sozialer Fertigkeiten in konkreten lebenspraktischen Situationen.

 

Abgrenzung und Missverständnisse: Was Selbstermächtigung nicht ist

 

Ein verbreitetes Missverständnis besteht in der Gleichsetzung von Empowerment mit egoistischem Verhalten bzw. überhöhter Selbstbezogenheit. Tatsächlich erfordert Selbstermächtigung ein hohes Maß an Selbstverantwortung inklusive der kritischen Reflexion der eigenen Wirkung auf andere. Egoistisches Handeln vernachlässigt genau diesen Aspekt. Selbstermächtigung dagegen basiert auf Integrität und sozialem Bewusstsein.

 

Ebenso wenig darf Selbstermächtigung mit Rebellion gleichgesetzt werden. Während Rebellion in der Regel destruktiv und reaktiv bleibt, zielt Empowerment auf konstruktives Handeln und den gezielten Aufbau eigener und sozial kompatibler Handlungsspielräume. Auch jede Form von Herrschafts- oder Allmachtsfantasien sind ab- und auszugrenzen. In der Bildungspraxis zeigt sich das vor allem in Situationen, in denen Lernende sich nach einem kleinen Erfolg für allwissend halten oder sich ohne Rücksichtnahme auf andere durchsetzen wollen.

 

Vielmehr richtig ist, dass echte Selbstermächtigung immer eine realistische Selbsteinschätzung und soziale Verantwortung erfordert und voraussetzt, da Selbstermächtigung zu jeder Zeit innerhalb realistischer Grenzen operiert. Sie basiert auf Erfahrung, Selbstreflexion und aus Erkenntnis abgeleiteter Kompetenz und nicht auf Wunschdenken.

 

Ein weiterer Irrtum liegt im Glauben, Empowerment bedeute, Lernende einfach sich selbst zu überlassen. Viel mehr richtig ist, dass der Verzicht auf strukturierende Begleitung häufig zur Überforderung führt. Gerade in der Bildungspraxis zeigt sich: Der Aufbau von Selbstwirksamkeit gelingt nur, wenn die Anforderungen angemessen sind und durch passende Unterstützung flankiert werden.

 

Und ein wichtiger, aber angesichts der Angebote ernst gemeinter Hinweis: 👉 Es macht keinen Sinn und ist mehr ein Zeichen hochgradiger Unprofessionalität, sich eitel und selbstverliebt in diesem Bereich als Lehrende selbst zu ermächtigen, im pädagogischen Kontext als Sandalenpsychologen und/oder -therapeutinnen und -therapeuten aufzuwerten.

 

Theoretische Fundamente: Humanismus, Motivation und Selbstwirksamkeit

 

Die Idee der Selbstermächtigung ist tief verwurzelt in zentralen psychologischen Theorien. Vor allem die Humanistische Psychologie (Carl Rogers, Abraham Maslow: Recherche lohnt sich) hebt den natürlichen Wachstumsimpuls des Menschen hervor. Demnach strebt der Mensch wesenhaft danach, seine Potenziale zu entfalten, Sinn zu erleben und frei zu handeln.

 

Die Selbstbestimmungstheorie von Edward Deci und Richard Ryan (Self-Determination Theory, SDT - auch hier gilt: Recherche lohnt sich) ergänzt dieses Bild um empirisch fundierte Grundbedürfnisse: Autonomie, Kompetenz und soziale Eingebundenheit. Diese drei Faktoren sind die Treiber intrinsischer Motivation und damit die wichtigste Grundlage für Empowerment-Prozesse.

 

Ein weiterer Bezugspunkt ist Albert Banduras Konzept der Selbstwirksamkeit (Recherche dazu lohnt sich). Menschen, die an ihre eigene Wirksamkeit glauben, handeln zielgerichteter, sind ausdauernder und bewältigen Rückschläge leichter und besser. Diese Überzeugung der Selbstwirksamkeit entsteht aus konkreten kleinsten und kleinen Erfahrungen und selbst errungenen Erfolgen. Lernprozesse, die solche Erfahrungen möglich machen, fördern Empowerment nachhaltig.

 

Förderung von Selbstermächtigung: Didaktische Ansätze und konkrete Strategien

 

In der Bildungsarbeit lassen sich unterschiedlichste Methoden nutzen, um Empowerment zu fördern. Der erste Schritt ist die Ressourcenaktivierung. Durch Reflexionsaufgaben, Gespräche oder kreative Methoden werden bislang verborgene oder vergessene Stärken sichtbar, besprechbar und nutzbar gemacht.

 

Kognitive Strategien helfen dabei, blockierende Gedanken zu erkennen und aufzuweichen. Darunter fallen bspw. realistische Zielarbeit, Standpunkt- und Perspektivwechsel und der Aufbau eines sogenannten „Growth Mindsets“, also der Überzeugung, dass Kompetenzen durch Anstrengung und Lernen ausgebaut werden können.

 

Stärkenorientierte Ansätze fördern zudem die bewusste Nutzung individueller Talente. Wenn Lernende erleben und erfahren, dass sie aus ihren persönlichen Ressourcen heraus erfolgreich handeln können, entsteht eine stabile und tragfähige Basis für Motivation und Selbstvertrauen in die eigenen Stärken.

 

Die Rolle der Lehrenden, in diesem Kontext ist immer die von unterstützenden Begleitenden. Und schließlich vermeidet eine Empowerment-orientierte Didaktik jede Form der Belehrung und setzt stattdessen auf dialogische Formate, die Wahlmöglichkeiten eröffnen und dabei die Eigenverantwortung und das Eigenengagement einfordern.

 

Empowerment als pädagogischer Handlungsrahmen

 

In der Jugend- und Erwachsenenbildung gewinnt Selbstermächtigung zunehmend an Bedeutung, bspw. als Leitkonzept für die Gestaltung von Lernprozessen, als Haltung im pädagogischen Handeln und als Ziel individueller Entwicklung. Der Mensch wird nicht mehr länger als Defizittragender betrachtet, sondern als aktiver Gestaltender seiner bzw. ihrer Bildungsbiografie.

 

Wie zu vermuten, verlangt dieser Ansatz von den Lehrenden eine hohe Professionalität. Die Aufbereitung der Themen und Inhalte, die Gestaltung förderlicher Lernumgebungen, der Umgang mit An- und Überforderung, der Aufbau tragfähiger Beziehungen, all das erfordert Sensibilität, Wissen, Reflexion und methodisches Können. Empowerment gelingt nicht durch Appelle, sondern durch strukturierte pädagogische Arbeit, wie sich das etwa in der systematischen Begleitung der Lernenden während der Planung und Umsetzung eines eigenverantwortlichen Projekts (etwa einem Bewerbungstraining) deutlich zeigt. Durch die gemeinsame Entwicklung von Inhalten, Zielen und einzelnen Schritten, deren Umsetzung jedoch selbstständig erfolgt, wird die Selbstbestimmung gestärkt. Das eröffnet neue Handlungsspielräume und trägt zum Abbau der Selbstermächtigungskompetenz bei.

 

Ausblick

 

Selbstermächtigung ist ein zentrales Konzept für die Gestaltung zukunftsorientierter Bildungsprozesse, etwa in Bereichen wie der beruflichen Aus-, Fort- und Weiterbildung, in Integrationskursen oder der schulischen Nachqualifizierung. Einer Welt, deren Komplexität von vielen mit Unsicherheit begegnet wird, bietet ein gutes Empowerment eine solide Grundlage zum weiteren Ausbau von Autonomie und Resilienz. Für die Praxis in der Jugend- und Erwachsenenbildung heißt das, Bildungsräume zu schaffen, in denen Lernende eigene Ideen, Fertigkeiten und Kompetenzen entdecken, Einfluss erleben und soziale Unterstützung und Verbundenheit entwickeln können.

 

Die Weiterentwicklung des Konzepts erfordert von Seiten der Lehrenden eine kontinuierliche Auseinandersetzung mit sich selbst genauso wie mit den gesellschaftlichen Bedingungen, didaktischen Prinzipien und psychologischen Erkenntnissen. Insbesondere im Kontext der beruflichen Qualifizierung und sozialen Integration wird Empowerment künftig eine noch größere Rolle spielen. Dabei bleibt die zentrale Frage: Wie kann Bildung dazu beitragen, dass Menschen nicht nur lernen, sondern befähigt werden, ihr Leben aktiv gestalten zu können?

 

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