Resilienz

Nein, es ist nicht dasselbe

Abgrenzung Robustheit, Hardiness, posttraumatischem Wachstum und Kohärenzgefühl

 

Der Begriff „Gesundheitskompetenz“ rückt in Zeiten, die von stetigem Wandel und unvorhersehbaren Herausforderungen geprägt sind, immer stärker in den Fokus von Psychologie, Pädagogik und persönlicher Entwicklung. Die Rede ist von Resilienz. Doch was genau verbirgt sich hinter diesem Begriff?

 

Handelt es sich dabei um eine angeborene Superkraft, die nur wenige besitzen? Oder handelt es sich um eine erlernbare Kompetenz, die den Menschen hilft, persönliche, soziale und gesellschaftliche Stürme zu überstehen?

 

Was ist Resilienz? Das Immunsystem der Psyche

 

Resilienz bezeichnet im Allgemeinen die psychische Widerstandsfähigkeit, die es Menschen ermöglicht, Stress, Krisen, Traumata und andere tiefgreifende Veränderungen nicht nur zu bewältigen, sondern sich davon auch wieder zu erholen. Der Kern des Konzepts liegt nicht in der Unverwundbarkeit, sondern in der Kompetenz zur Flexibilität und Anpassung. Ein resilienter Mensch zerbricht nicht an Widrigkeiten, sondern kehrt nach einer Phase der Irritation, Anspannung und Belastung wieder in einen stabilen Zustand zurück und das oft sogar mit neuen Erkenntnissen und gestärkten Ressourcen.

 

Man kann sich Resilienz wie das Immunsystem der Psyche vorstellen. Ein starkes Immunsystem verhindert nicht jede Erkrankung, aber es sorgt dafür, dass der Organismus Infektionen effektiv bekämpfen und schneller genesen kann. Analog dazu schützt Resilienz nicht vor dem Erleben und Erleiden von Krisen, aber sie stellt die notwendigen Werkzeuge bereit, um diese zu meistern und psychisch gesund zu bleiben.

 

Die moderne Resilienzforschung zeigt, dass es sich dabei nicht um starre Eigenschaften handelt, sondern um einen dynamischen Prozess, der von verschiedenen Faktoren beeinflusst ist und trainiert werden kann. Das mit Sicherheit bekannteste Resilienz-Modell ist das der „Sieben Säulen“ in dem folgende Faktoren als hilfreich zusammengefasst werden:

  1. Optimismus: Eine grundlegend zuversichtliche Haltung, die darauf vertraut, dass Schwierigkeiten überwindbar sind und das die Zukunft Gutes bereithält.

  2. Akzeptanz: Die Kompetenz, unveränderliche Realitäten anzuerkennen, ohne dabei in Passivität zu verfallen. Das ist eine wichtige Basis, um handlungsfähig zu bleiben.

  3. Lösungsorientierung: Der kognitive Fokus auf Möglichkeiten und Lösungen statt auf das Festhalten und Verharren im Problem.

  4. Selbstwirksamkeitsüberzeugung: Der feste Glaube an die eigenen Kompetenzen und die Überzeugung, auch schwierige Situationen aus eigener Kraft bewältigen zu können.

  5. Verantwortungsübernahme: Die aktive Entscheidung, die Opferrolle zu verlassen und die eigene Situation und Bedingungen im Rahmen der Möglichkeiten selbst zu gestalten.

  6. Netzwerkorientierung: Das bewusste Aufbauen und das Pflegen von stabilen, unterstützenden sozialen Beziehungen, die als wichtiger Puffer in Krisenzeiten dienen.

  7. Zukunftsplanung: Die Kompetenz, realistische und vor allem sinnstiftende Ziele zu entwickeln, die dem eigenen Handeln Richtung und Bedeutung verleihen.

Die feinen Unterschiede: Resilienz im Vergleich

 

Um die Essenz der Resilienz vollständig zu erfassen, ist eine präzise Abgrenzung von anderen Konzepten der mentalen Stärke unerlässlich. Häufig werden Begriffe wie Robustheit oder Hardiness (Belastbarkeit und Widerstandsfähigkeit) synonym verwendet, doch sie beschreiben unterschiedliche Facetten des Umgangs mit Belastung.

 

1. Abgrenzung von Robustheit und Widerstandsfähigkeit

 

Auf den ersten Blick scheinen Resilienz und Robustheit dasselbe zu bedeuten. Doch bei genauerer Betrachtung offenbart sich ein fundamentaler Unterschied in der Reaktion auf Druck.

  • Robustheit ist die Kompetenz, Belastungen standzuhalten, ohne sich zu verändern. Ein robustes System bzw. eine robuste Person wehrt Stressoren ab und lässt sie an sich abprallen. Die passende Metapher dafür ist der Fels in der Brandung: Er bleibt auch bei höchstem Wellengang starr und unbewegt. Diese Form des Widerstehen-Könnens ist statisch. Sie funktioniert gut, solange der Druck die Belastungsgrenze nicht übersteigt. Wird der Druck jedoch zu groß, droht ein plötzliches, katastrophales Versagen, wenn der Fels bricht.

  • Resilienz dagegen ist ein dynamisches Konzept, das auf Flexibilität aufgebaut ist. Anstatt dem Druck mit Gegendruck und Härte zu begegnen, gibt eine resiliente Person nach, passt sich an und „federt“ nach der Anspannung in ihren Ausgangszustand zurück (bounce back). Ein dafür passendes Bild ist bspw. der Bambus im Sturm: Er biegt sich tief, passt sich der Kraft des Windes an, ohne dass er bricht, und sobald der Sturm vorüber ist, richtet er sich wieder auf. Diese Anpassungsfähigkeit macht Resilienz zu einer nachhaltigeren Strategie in einer komplexen und unvorhersehbaren Welt. Sie schließt die Möglichkeit der Veränderung und des Lernens durch die Krise mit ein.

2. Abgrenzung von Hardiness (psychologische Widerstandsfähigkeit)

Das Konzept der „Hardiness“, entwickelt von Suzanne Kobasa, beschreibt eine Persönlichkeitsdisposition, die Menschen hilft, Stress besser zu bewältigen. Das Konzept ist eng mit Resilienz verwandt, hat aber einen anderen Fokus. Hardiness besteht aus den berühmten „drei Cs“:

  • Commitment (Engagement): die Tendenz, sich voll und ganz auf das einzulassen, was man tut, und einen Sinn darin zu sehen.

  • Control (Kontrolle): die Überzeugung, das eigene Leben und die Ereignisse darin beeinflussen zu können, anstatt sich als passives Opfer der Umstände zu fühlen.

  • Challenge (Herausforderung): Die Wahrnehmung von Veränderungen und schwierigen Aufgaben als spannende Herausforderungen und Lernchancen, nicht als Bedrohungen.

Der entscheidende Unterschied liegt in der Zeitlichkeit und im Fokus. Hardiness ist eine grundlegende Haltung oder ein Set von Überzeugungen, das präventiv wirkt. Personen mit hoher Hardiness interpretieren potenziell stressige Situationen von vornherein als weniger unangenehm, herausfordernd und bedrohlich. Sie gehen demnach auch anders in belastende Situationen hinein. Im Unterschied dazu beschreibt Resilienz den aktiven Prozess der Bewältigung und Erholung, nachdem eine Belastung eingetreten ist. Man könnte sagen: Eine hohe Hardiness ist eine wertvolle Ressource, die den Resilienzprozess enorm erleichtert, aber sie ist nicht der Prozess selbst.

 

3. Abgrenzung von Posttraumatischem Wachstum

 

Während Resilienz das erfolgreiche "Zurückfedern" zum ursprünglichen Funktionsniveau beschreibt, geht das Konzept des posttraumatischen Wachstums noch einen Schritt weiter.

 

Posttraumatisches Wachstum bezeichnet die positive psychologische Veränderung, die als Ergebnis der Auseinandersetzung mit einer schweren Lebenskrise oder einem traumatischen Ereignis erfahren wird. Hier geht es nicht um Erholung, sondern um eine tiefgreifende Transformation, die das Individuum über sein bzw. ihr vorheriges Niveau hinauswachsen lässt (bounce forward). Menschen, die posttraumatisches Wachstum erleben, berichten häufig von:

  • Einer größeren Wertschätzung für das Leben.
  • Intensiveren und bedeutungsvolleren sozialen Beziehungen.
  • Einem Gefühl größerer persönlicher Stärke.
  • Veränderten Prioritäten im Leben.
  • Einer tieferen spirituellen Entwicklung.

Resilienz ist die Kompetenz, die psychische Balance wiederherzustellen, und posttraumatisches Wachstum dagegen ist die Möglichkeit der Person, durch den Verlust dieser Balance eine neue, reifere und häufig auch tiefere Ebene des Seins zu erreichen. Resilienz kann als Voraussetzung dafür gesehen werden, eine Krise so zu verarbeiten, dass Wachstum überhaupt erst möglich wird.

 

4. Abgrenzung vom Kohärenzgefühl (Salutogenese)

 

Das sogenannte Kohärenzgefühl ist das zentrale Konzept des Salutogenese-Modells von Aaron Antonovsky. In diesem Konzept wird nicht danach gefragt, was krank macht (Pathogenese), sondern was den Menschen gesund erhält. Das Kohärenzgefühl an sich ist eine tiefgreifende und überdauernde Lebenseinstellung, die das Vertrauen einer Person in die Vorhersehbarkeit und Gestaltbarkeit des Lebens ausdrückt. Diese Einstellung setzt sich aus drei Komponenten zusammen:

  • Verstehbarkeit: Das Gefühl, dass die Ereignisse im Leben strukturiert, vorhersagbar und auch erklärbar sind.

  • Handhabbarkeit: Die tiefe Überzeugung, über die notwendigen internen und externen Ressourcen zu verfügen, um den Anforderungen des Lebens gerecht zu werden.

  • Sinnhaftigkeit: Das Gefühl, dass die Herausforderungen des Lebens es wert sind, dass man sich ihnen stellt und Energie in sie investiert.

Ähnlich wie bei der Hardiness ist das Kohärenzgefühl eine grundlegende Weltsicht, so etwas wie ein innerer Kompass. Ein starkes Kohärenzgefühl fungiert dabei als mächtige Ressource, die es Menschen erleichtert, Stressoren nicht als Chaos, Störung und Unruhe, sondern als handhabbare Aufgaben zu sehen und anzunehmen. Resilienz ist der daraus resultierende, konkrete Bewältigungsprozess. Ein stark ausgeprägtes Kohärenzgefühl schafft immer gute Voraussetzungen, um resilient auf Krisen reagieren und eingehen zu können. Es ist das Fundament, auf dem das Haus der Resilienz sicher stehen kann.

 

Fazit: Resilienz als dynamische Kompetenz 

 

Die Unterscheidung und differenzierte Betrachtung zeigen: Resilienz ist weit mehr als nur ein Modewort. Es ist das dynamische Zusammenspiel von Wissen, Haltungen, Fertigkeiten, Kompetenzen und Ressourcen, die den Menschen befähigt, flexibel und mit Anpassungsbereitschaft auf die Unwägbarkeiten des Lebens zu reagieren. Es ist nicht die starre Härte des Felsens (Robustheit), sondern die anpassungsfähige Nachgiebigkeit des Bambus. Es ist nicht nur die grundlegende Haltung (Hardiness, Kohärenzgefühl), sondern der aktive Prozess des Aufstehens. Und es ist die Grundlage, auf der sogar Wachstum aus der Krise (posttraumatisches Wachstum) entstehen kann. Die positive Nachricht ist: Diese Kompetenz ist nicht angeboren. Jeder Mensch kann durch bewusstes Training der sieben Säulen die eigene Resilienz stärken und sich so besser für die Stürme des Lebens wappnen.

 

Zusammenfassende Übersicht

 

Resilienz: Kompetenz zur Anpassung. Resilienz beschreibt die psychische Kompetenz, sich flexibel an Herausforderungen anzupassen und nach Krisen oder Rückschlägen wieder in den ursprünglichen Zustand zurückzufinden, gleichsam die Kompetenz, wieder „auf die Beine zu kommen“.

  • Kernmerkmal: Flexibilität und Regenerationsfähigkeit.

Robustheit: Unbeugsame Widerstandskraft. Robustheit bezeichnet den Umstand, Belastungen und negativen Einflüssen standzuhalten, ohne nachzugeben.

  • Kernmerkmal: Standhaftigkeit und Widerstand gegen Druck.
  • Unterschied zu Resilienz: Während Resilienz die dynamische Anpassung und das „Zurückfedern“ betont, beschreibt Robustheit das unnachgiebige Aushalten von Druck.

Hardiness: Proaktive Haltung gegenüber Herausforderungen. Hardiness (Widerstandsfähigkeit) zeichnet sich durch eine proaktive und optimistische Grundhaltung gegenüber Stressoren aus. Menschen mit dieser Eigenschaft begreifen Schwierigkeiten als bewältigbare Herausforderungen.

  • Kernmerkmal: Innere Kontrollüberzeugung, Engagement und das Sehen von Stress als Chance.
  • Unterschied zu Resilienz und Robustheit: Hardiness fokussiert stärker auf die innere Einstellung und Persönlichkeitsstruktur, die Stress aktiv begegnet, anstatt ihn nur zu überstehen oder sich davon zu erholen.

Posttraumatisches Wachstum: Persönliche Reifung durch Krisen. Dieses Konzept beschreibt eine positive psychologische Veränderung und Reifung, die als Folge einer tiefen Krise eintreten kann. Betroffene wachsen über sich hinaus und entwickeln sich weiter.

  • Kernmerkmal: Positive und tiefgreifende Veränderung der Lebensperspektive.
  • Unterschied zu Resilienz: Resilienz bedeutet, eine Krise unbeschadet zu überstehen und zum Ausgangszustand zurückzukehren. Posttraumatisches Wachstum hingegen bedeutet, durch die Krise zu einem „neuen“, gereiften Menschen zu werden.

Kohärenzgefühl: Das Vertrauen in die Stimmigkeit des Lebens. Das Kohärenzgefühl ist das tief verankerte Vertrauen in die Verstehbarkeit, Handhabbarkeit und Sinnhaftigkeit des eigenen Lebens.

  • Kernmerkmal: Ein Gefühl von Stimmigkeit und grundlegendem Vertrauen in die Welt.
  • Unterschied zu den anderen Konzepten: Im Gegensatz zu den anderen Konzepten ist das Kohärenzgefühl weniger ein Prozess (wie bei Resilienz) oder eine Reaktion (wie beim posttraumatischen Wachstum), sondern eine stabile grundlegende Weltanschauung. Es fungiert als eine entscheidende Ressource, die Resilienz und einen gesunden Umgang mit Stress erst ermöglicht.

WICHTIG: Für Anbietende von Bildungs- und Trainingsangeboten in diesen Bereichen ist es unerlässlich, sowohl die Unterschiede als auch mögliche Wechselwirkungen und Kontraindikationen genau zu kennen. 

 

Wenn Interesse und Bedarf bestehen, unterstützen wir dich gerne. Reden wir darüber! Unsere Angebote zu diesem Themenbereich:

HINWEIS: Bei der Finalisierung des Beitrags haben die Autoren und Autorinnen ChatGPT 5, Gemini 2.5 Pro und Microsoft Word mit Copilot verwendet, um die sprachliche Formulierung zu prüfen und zu verbessern. Die inhaltliche Verantwortung liegt bei den Autor: innen.


Ohren auf!