
Aus dem Bauch heraus
Risiken unsachgemäß verwendeter Methoden
Autor: Manfred Hofferer & Team Bildungspartner Österreich, © BPÖ 2025
Fehlerhaft eingesetzte (pseudo-) pädagogische Methoden in der Outdoortrainingsarbeit haben weitreichende negative Folgen für die Teilnehmenden. Statt positiver Entwicklung und Lernprozesse können physische und psychische Schäden entstehen, die das Vertrauen in solche Angebote nachhaltig beeinträchtigen. Nachfolgend werden verschiedene negative Auswirkungen in 5 Beispielbereichen beleuchtet.
1. Mangelnde Sicherheit und körperliche Schäden
Eine der unmittelbarsten und gravierendsten Folgen unsachgemäßer Anwendung pädagogischer Methoden ist die Gefährdung der körperlichen Sicherheit der Teilnehmenden. Das kann durch unzureichende Risikobewertung, mangelhafte Einweisung in die Nutzung von Ausrüstung, Material oder Werkzeug, das Verhalten im Gelände oder die Auswahl von Aufgaben, welche die physischen und/oder psychischen Kompetenzen der Gruppe übersteigen, geschehen. Beispiele dafür sind schlecht gesicherte Kletteraufgaben, unangemessene Belastungen in Survival-Trainings oder die Missachtung von Umwelt- Wetter- oder Jahreszeitlich bedingten Verhältnissen. Solche Fehler können zu Stürzen, Verletzungen, Erschöpfungszuständen oder sogar Hypothermie bzw. Hitzschlag führen, was im schlimmsten Fall lebensbedrohliche Ausmaße annehmen kann.
Beispiel: In einem Teamtraining, das eigentlich Kooperation fördern sollte, wurden die Teilnehmenden mit einem Auftrag konfrontiert, bei der die Teilnehmenden mit verbundenen Augen durch einen ihnen unbekannten Parcours geführt werden mussten. Die Outdoortrainerin hat jedoch im Vorfeld der Planung den Parcours weder selbst begangen noch ausreichend von Hindernissen und Stolperfallen befreit (z.B. lose Äste, Steine und verwachsene Mulden) und gab zudem unklare und in jedem Fall zu schnelle und oberflächliche Anweisungen. Ein blind geführter Teilnehmer stolpert und fällt unglücklich, was zu einer Verstauchung des Knöchels führte. Hier wurde die physische Sicherheit bei einer an sich auf Entwicklung von Soft Skills (Vertrauen, Kommunikation) abzielenden Aufgabe vernachlässigt.
2. Psychische Belastung und Traumatisierung
Neben den physischen Risiken bergen unsachgemäße angewandte Methoden auch erhebliche Gefahren für die psychische Gesundheit. Outdoortrainings sind nicht selten darauf ausgelegt, bewusst die sogenannten „Komfortzonen“ zu verlassen zum neue Grenzen zu erfahren. Werden diese Prozesse jedoch nicht sensibel und professionell begleitet, können sie zu extremer psychischer Belastung führen. Das äußert sich in Unsicherheit, Angstzuständen, Überforderung, dem Gefühl des Scheiterns bis hin zu ausgeprägten Panikattacken. Insbesondere bei Personen mit latenten oder bekannten psychischen Vorerkrankungen können solche Ereignisse und Erlebnisse Trigger für depressive Episoden, Traumata oder die Verschlimmerung bestehender Störungen sein. Auch wenn nicht bewusst und mit Absicht ausgeführt haben Druck, Bloßstellung oder Zwang haben nachhaltige negativen Assoziationen mit Lernprozessen und der Natur zur Folge.
Beispiel: Bei einem Führungskräftetraining zum Thema "Umgang mit Stress und Druck" wird eine "Extrem-Herausforderung" inszeniert. Eine Teilnehmerin, die, allen bekannt, bereits unter hohem Arbeitsdruck steht und zu Perfektionismus neigt, wird von der Trainerin und dem Trainer bewusst in eine Situation gebracht, in der sie vor der Gruppe scheitern muss (sie muss eine scheinbar unlösbare Aufgabe unter Zeitdruck lösen und wird während der Lösungssuche bei Fehlern mit öffentlicher Kritik der anderen Teilnehmenden konfrontiert). Die Trainerin und der Trainer intervenieren nicht, als die Teilnehmerin sichtbar panische Reaktionen zeigt, sondern kommentiert die Situation lapidar mit "Das ist eben Druck!". Das führt bei der Teilnehmerin zu einer akuten Panikattacke und verstärkt ihre psychischen Belastungen nachhaltig.
3. Verlust von Vertrauen und Motivation
Die pädagogische Beziehung zwischen Trainerinnen und Trainer sowie Teilnehmenden basiert immer auf Vertrauen. Wird dieses Vertrauen durch unprofessionelles Vorgehen und/oder Handeln, nicht passende Aufgaben, mangelnde Empathie oder unklare Anweisungen untergraben, leidet nicht nur die aktuelle Trainingssituation, sondern auch die Bereitschaft der Teilnehmenden, sich künftig auf ähnliche Trainingsangebote einzulassen. Teilnehmende können aber auch das Vertrauen in die eigenen Fertigkeiten und Kompetenzen verlieren, da sie sich im Training in einer unkontrollierbaren und unsicheren bzw. verunsichernden Situation erleben. Damit verbunden ist der Umstand, dass die Motivation, sich auf neue Lernprozesse einzulassen oder sich persönlich weiterzuentwickeln, nachhaltig beeinträchtigt oder sogar geschädigt wird, wenn unterstützende und positive Lernerfahrungen ausbleiben und stattdessen negative Emotionen dominieren.
Beispiel: In einem Kommunikationstraining wird in einer Trainingsgruppe eine Übung zum aktiven Zuhören durchgeführt. Der Trainer erklärt die Aufgabe kurz und knapp, sehr oberflächlich und gibt dann, während die Teilnehmenden in Partnerübungen sind, (ungefragt und aus dem Bauch heraus) Feedback, das weder konstruktiv noch hilfreich ist, sondern abfällig und zwischen den Zeilen lächerlich-machend und herabwürdigend. Er sagt bspw. zu einer Teilnehmerin: "Das haben Sie ja mal wieder völlig missverstanden, so hören Sie nie richtig zu!" Die Teilnehmerin fühlt sich bloßgestellt und unverstanden, verliert das Vertrauen in die Kompetenz des Trainers und die Motivation, sich weiter mit dem Thema "aktives Zuhören" auseinanderzusetzen.
4. Negative Gruppenprozesse und soziale Dysfunktion
Outdoortrainings zielen in der Regel auf die Förderung von Teamwork und Gruppendynamik in praktischen Bezügen ab. Unsachgemäße pädagogische Ansätze können jedoch genau das Gegenteil zur Folge haben. Wenn Trainerinnen und Trainer beispielsweise Wettbewerb über Kooperation stellen, Einzelne oder Gruppenteil (wenn auch nur diskret) bloßstellen oder Konflikte nicht konstruktiv moderieren, bauen sich als Reaktion Spannungen innerhalb der Personen und Gruppe aus und verstärken lernhindernde Elemente. Das kann zu Ausgrenzung, (diskretem) Mobbing, mangelnder Kommunikation oder dem Entstehen von konkurrierenden Subgruppen und Cliquen führen. Anstelle eines unterstützenden Lern- und Entwicklungsumfelds entsteht ein Klima des Misstrauens und der Disharmonie, was die Erreichung der Lernziele erschwert bis verunmöglicht und die soziale Kompetenz der Teilnehmenden negativ beeinflusst.
Beispiel: Bei einem Teambuilding-Workshop, der das Ziel hat, die interne Kommunikation zu verbessern, setzt die Trainerin gezielt auf wettbewerbsorientierte Aufgaben. Während des Trainings lobt sie ständig nur das jeweilige Gewinnerteam übermäßig und kommentiert die Leistungen der unterlegenen Teams schulmeisternd, abwertend und abfällig ("Das war wohl nichts! Da müssen sie sich doch ein bisserl mehr Mühe geben"). Innerhalb der unterlegenen Teams entstehen daraufhin gegenseitige Schuldzuweisungen und Konflikte, während die Gewinnerteam sich durch die Trainerin angespornt arrogant verhalten. Statt die Kommunikation zu verbessern, führt diese Vorgehensweise zu Spaltung, Misstrauen und einer massiven Verschlechterung des Arbeitsklimas innerhalb der Gesamtgruppe.
5. Beeinträchtigung des Lernerfolgs und der persönlichen Entwicklung
Das primäre Ziel pädagogischer Methoden ist immer die Begleitung, Unterstützung und Förderung von Lernen und persönlicher Entwicklung. Werden die damit in Verbindung stehenden pädagogischen Methoden, Techniken, Verfahren und Vorgangsweisen nicht sachgemäß angewendet, bleiben die gewünschten Lerneffekte aus und/oder verkehren sich ins Gegenteil. Das liegt bspw. daran, dass Aufgaben und Aufträge bzw. Projekte und Übungen nicht adäquat aufbereitet, durchgeführt, begleitet und nachbereitet werden, die Lernziele nicht klar und schlecht kommuniziert sind, die Reflektion mit Transferüberlegungen fehlen und der Umgang miteinander alles andere als beziehungs-, lern- und entwicklungsfördernd gestaltet ist.
Teilnehmende bleiben bei solchen Trainingsmaßnahmen verwirrt und frustriert zurück, ohne konkrete Erkenntnisse oder neue Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen gewonnen zu haben. Langfristig hat das mehr Stagnation in der persönlichen Entwicklung zur Folge und die individuelle und kollektive Bereitschaft, sich zukünftig auf außergewöhnliche An- und Herausforderungen einzulassen oder neue Erfahrungs- und Lernchancen zu ergreifen, werden massiv dadurch gemindert.
Beispiel: In einem Training zur Verbesserung der Konfliktlösung in der Arbeitsgruppe wird ein Rollenspiel durchgeführt, um verschiedene Konflikttypen zu üben. Der Trainer und seine Kollegin geben den Teilnehmenden jedoch weder klare Rollenbeschreibungen noch spezifische Beobachtungs- und Lernziele für das Rollenspiel und bieten darüber hinaus auch keine strukturierte Bearbeitung der Ergebnisse und eine Nachbesprechung an. Die Teilnehmenden agieren spontan planlos, die Simulation läuft ins Leere, und daher gibt es auch keine gemeinsame Reflexion darüber, welche Strategien funktioniert hätten oder welche Fehler gemacht wurden und wie verbessert werden können. Das Ergebnis ist, dass die Teilnehmenden zwar eine Übung "gemacht" haben, aber keine neuen Erkenntnisse über Konfliktlösungsstrategien gewonnen und sich in ihrer persönlichen Kompetenz zur Konfliktbewältigung nicht weiterentwickelt haben.
Abschließende Zusammenfassung
Nicht sachgemäß angewendete pädagogische Methoden in der Outdoortrainingsarbeit (wie bspw. Risikobewertung, Einweisung, Auswahl von Aufträgen und Übungen, sensible und professionelle Begleitung von Grenzsituationen, Aufbau von Vertrauen, konstruktives Feedback, kooperative Konfliktmoderation, Kooperation, Bereitstellung von Lernzielen, strukturierte Nachbesprechung und Reflektion etc.) können eine Vielzahl von Schäden verursachen, die von unmittelbaren körperlichen Verletzungen bis hin zu langfristigen psychischen Belastungen und der Beeinträchtigung der persönlichen Entwicklung reichen.
Um die Wirksamkeit und Sicherheit von Outdoortrainings zu gewährleisten, ist es unerlässlich, dass Trainerinnen und Trainer in diesem Bildungsbereich über fundierte pädagogische Kenntnisse, eine hohe Methodenkompetenz und ein ausgeprägtes Verantwortungsbewusstsein verfügen. Nur so können positive und nachhaltige Lernerfahrungen in und mit der Natur gezielt bereitgestellt und ermöglicht werden.
Wenn Interesse und Bedarf bestehen, unterstützen wir dich gerne. Reden wir darüber! Unsere Angebote zu diesem Themenbereich:
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