Autorin: Renate Fanninger & Team, © BPÖ 2023

Unter dem Begriff Persönlichkeitsentwicklung versteht man den Prozess, durch den im Laufe der Zeit die organisierten Wahrnehmens-, Fühl-, Denk- und Verhaltensmuster entstehen, welche die Einzigartigkeit der Persönlichkeit einer Person ausmachen. Viele Faktoren beeinflussen diesen Prozess, darunter Genetik und Umwelt, die Art und Weise, wie die Person erzogen und sozialisiert wurde und eine ganz Reihe gesellschaftliche Variablen.

Fakt ist, dass Persönlichkeitsentwicklung immer stattfindet, dass es Lebensalter und -phasen gibt, in denen dieses Thema keine explizite Rolle spielt und solche, in denen es stärker ins Bewusstsein tritt, wichtig werden und sich in den Vordergrund drängen. Gerade in diesen sensiblen und verletzlichen Phasen ist es wichtig, dass Betroffene - wenn sie sich selbst etwas wert sind - sich nicht auf vordergründig plausible und rasch realisierbare Maßnahmen stürzen und blind den vollmundigen Glücksversprechenden vertrauen.

Was fest steht und keinesfalls hilfreich ist, ist sich unkritisch den im Netz gehypten Trends huldvoll ans Bei zu werfen. Nachfolgend 20 häufig vermittelte Glaubensinhalte, die zu einer besseren Persönlichkeitsentwicklung verhelfen sollen und die in Wahrheit jedoch mehr die Geldbörsen der Anbietenden füllen als Lösungen bringen: Der Glaube (die Vorstellung, Idee bzw. Annahme), dass

• es eine schnelle und einfache Lösung für jedes bzw. alle Probleme gibt.
• es so etwas wie eine perfekte Persönlichkeit gibt, die man erreichen sollte.
• Frau, Mann oder eines der Geschlechter dazwischen sich von anderen Menschen abheben muss, um Persönlichkeit zu haben und erfolgreich zu sein.
• man sich nur auf die positiven Aspekte seiner Persönlichkeit konzentrieren sollte.
• man sich ständig weiterentwickeln und permanent wachsen muss.
• Persönlichkeitsentwicklung nur etwas für erwachsene Menschen ist und solche die es sich leisten können.
• Frau, Mann und Divers sich ständig infrage stellen, hinterfragen und reflektieren muss.
• positive Beziehungen zu anderen Menschen die einzige und wahre Quelle einer gesunden Persönlichkeit sowie von Glück und Erfolg sind.
• Persönlichkeitsentwicklung nur etwas für Menschen ist, die sich tatsächlich ändern und als Person erfolgreich sein möchten.
• Crash-Kurse, die versprechen, dass Frau, Mann oder Divers in wenigen Tagen oder Wochen ein besserer Mensch wird, zielführend seien.
• man in (seichten) Büchern und Artikeln sowie Beiträgen im Internet, die behaupten, dass es eine einzige Methode gäbe, die für alle funktioniert, eine Lösung findet.
• die Arbeit an der Persönlichkeit nur etwas für Menschen in schwierigen Lebenssituationen und mit Problemen ist.
• man seine Persönlichkeit mithilfe von Fragebögen oder/und Persönlichkeitstests respektive -analysen genau bestimmen könnte.
• man die Persönlichkeit durch Affirmationen bzw. positive Gedanken nachhaltig beeinflussen und in Richtung „jetzt ist es besser“ ändern könnte.
• man mit anderen Menschen immer und jederzeit in Harmonie leben müsste.
• man erst dann eine Persönlichkeit ist, wenn zu jeder Zeit (innen wie außen) immer alles unter Kontrolle ist.
• es nur bzw. bevorzugt die Selbstliebe und Selbstakzeptanz sind, die zum glücklich werden führen und die Persönlichkeit erstrahlen lassen.
• man (neben vielen anderen Methoden) nur durch Mantras, Meditation oder Achtsamkeitsübungen glücklich werden und in der Persönlichkeit wachen könnte.
• es erst dann Persönlichkeitsentwicklung ist, wenn man sich von allen negativen Einflüssen im Leben befreit und getrennt hat.
• die Persönlichkeit primär durch bestimmte Wahrnehmungs-, Denk-, Fühl- und Verhaltensweisen oder durch die Veränderung von Gewohnheiten entwickel- und änderbar wäre.
• … u. a. m.

In diesem Sinne: Augen auf und genau hinschauen wer von den Anbietenden einzelne Maßnahmen als besonders wirksam bezeichnet bzw./und wenige miteinander kombiniert und darauf aufbauend das Glück einer guten Persönlichkeitsentwicklung verspricht. Das zeigt lediglich, dass er oder sie das Thema „Entwicklung der Persönlichkeit“ und die Herausforderungen und Schwierigkeiten, die damit verbunden sind, nicht wirklich erfasst hat und mehr das weitergibt was er bzw. sie glaubt das aus seiner bzw. ihrer Sicht helfen könnte. Immer noch ist nach Kral Kraus bzw. Kurt Tucholsky das Gegenteil von Gut zwar nicht schlecht oder böse, sondern bloß gut gemeint und gut gemeint ist eher in seltensten Ausnahmen gut gemacht!

Schützen kann man sich vor derart irrigen Trends in der Persönlichkeitsentwicklung, indem man eine grundlegende Skepsis pflegt, kritisch gegenüber allem ist, was man in diesem Kontext liest, hört oder von anderen - Überzeugungsgetränkt - erzählt bekommt. Und schließlich darf man nicht darauf vergessen auf die eigenen Erfahrungen zu vertrauen und sich immer wieder bewusst zu machen, dass das, was für andere funktioniert, nicht unbedingt auch für einem selbst gut oder förderlich sein muss. Sollte es dennoch Fragen geben ist es immer noch die erste Wahl zu diesem Themenkomplex qualifizierte Fachkräfte aufzusuchen und sich mit ihnen zu besprechen, denn sie können helfen, ohne sich selbst und ihre Glaubens- und Meinungssysteme in den Mittelpunkt zu spielen, passende Maßnahmen und gangbare Weg zu finden.

Wenn Interesse und Bedarf bestehen, unterstützen wir dich gerne. Reden wir darüber! Unsere Angebote zu diesem Themenbereich:

• Train the Trainer: in
• Outdoorpädagogik 
• Soft Skill Trainer: in
• Ausbildung Bildungsbiken