Demokratie

Was geht, was nicht?

Rechts und populistisch oder schon radikal?

Autorinnen & Autoren: Team Bildungspartner Österreich, © BPÖ 2024

Die Frage, ob Demokratie Rechtspopulismus ertragen muss, berührt einen zentralen Aspekt des demokratischen Systems: die Meinungsfreiheit sowie die Pluralität von Meinungen. Demokratie zeichnet sich durch Offenheit und Vielfalt aus und erlaubt es, dass unterschiedliche politische Strömungen und Meinungen frei geäußert und vertreten werden können. Das bedeutet, dass auch Meinungen, die dem demokratischen Grundkonsens widersprechen oder problematische Aspekte aufweisen, zunächst einmal Raum haben müssen, sich zu äußern. 

 

Trotz dieser Offenheit gibt es Grenzen, wie sie der Philosoph Karl Popper in seinem „Paradoxon der Toleranz“ formulierte: Eine uneingeschränkte Toleranz gegenüber intoleranten Strömungen könnte am Ende die Demokratie selbst gefährden. Diese Grenzen liegen dort, wo rechtspopulistische oder andere extremistische Strömungen in die Rechtsradikalität abgleiten und beginnen, die Grundprinzipien der Demokratie wie bspw. die Menschenrechte, die Gewaltenteilung oder die Rechtsstaatlichkeit anzugreifen.

 

Was ist der Unterschied?

 

Der Unterschied zwischen rechtspopulistisch und rechtsradikal liegt in der Art und Weise, wie politische Ideen, Konzepte, Ideologien und Strategien genutzt werden, sowie in der Extremität der vertretenen Positionen. Beide Begriffe beziehen sich auf Strömungen, die im politischen Spektrum auf der rechten Seite zu verorten sind, unterscheiden sich jedoch in ihrer Radikalität, ihren Zielen und Methoden.

 

1. Rechtspopulistisch: Rechtspopulismus beschreibt eine politische Strategie und Ideologie, die darauf abzielt, einfache und oft emotionale Antworten auf komplexe gesellschaftliche Probleme zu geben. Rechtspopulistische Parteien oder Bewegungen zeichnen sich in der Regel durch folgende Merkmale aus:

    • Anti-Establishment-Rhetorik: Rechtspopulisten stellen sich oft als Vertreter des „wahren Volkes“ gegen das politische „Establishment“ dar, das als abgehoben, korrupt oder volksfern dargestellt wird.
    • Nationalismus: Sie propagieren häufig nationalistische Positionen, in denen die Interessen des eigenen Landes oder Volkes über internationale Kooperationen und globalen Verpflichtungen stehen.
    • Kritik an Immigration und Globalisierung: Rechtspopulistische Parteien sind oft migrationskritisch und sehen in Zuwanderung eine Bedrohung für die nationale Identität, Kultur und den Arbeitsmarkt. Sie betonen den Schutz nationaler Interessen und eine restriktive Migrationspolitik.
    • Einfacher „Wir gegen die“ - Diskurs: Rechtspopulisten nutzen häufig eine dichotome Weltanschauung, in der das „gute“ Volk gegen eine vermeintlich böse oder inkompetente Elite (etwa Politiker, Medien oder internationale Organisationen) gestellt wird.
    • Demokratische Prinzipien: Trotz der scharfen Rhetorik und ihrer oft polarisierenden Haltung stehen rechtspopulistische Bewegungen in der Regel noch innerhalb der Grenzen der demokratischen Ordnung und der Rechtsstaatlichkeit, auch wenn sie die demokratischen Institutionen oft stark kritisieren oder umgestalten wollen.

Solche Bewegungen und Parteien propagieren nationalistische, migrationskritische und anti-elitäre Positionen, bleiben jedoch weitestgehend im Rahmen demokratischer Strukturen

 

2. Rechtsradikal: Rechtsradikalismus geht über den Rechtspopulismus hinaus und beschreibt eine Ideologie, die stark autoritäre und extrem nationalistische Ansichten vertritt, die oft im Widerspruch zu den Grundprinzipien der Demokratie und des Rechtsstaates stehen. Kennzeichnend für rechtsradikale Bewegungen sind:

    • Extremer Nationalismus und Rassismus: Rechtsradikale Strömungen setzen stark auf die Idee der ethnischen oder nationalen Überlegenheit und vertreten oft rassistische oder fremdenfeindliche Ideologien. Sie lehnen in vielen Fällen die Gleichberechtigung von ethnischen Minderheiten, Immigranten oder anderen Bevölkerungsgruppen ab.
    • Ablehnung der Demokratie: Anders als der Rechtspopulismus, der sich innerhalb demokratischer Systeme bewegt, stellen Rechtsradikale häufig die demokratische Ordnung insgesamt infrage. Sie favorisieren autoritäre Regierungsformen oder sogar totalitäre Systeme.
    • Gewaltbereitschaft: Rechtsradikale Gruppen können oft auch gewaltbereit sein oder zumindest Gewalt als legitimes Mittel der politischen Auseinandersetzung betrachten. Dies ist ein zentrales Unterscheidungsmerkmal zu rechtspopulistischen Bewegungen, die Gewalt in der Regel nicht offen propagieren.
    • Verschwörungserzählungen: Rechtsradikale Bewegungen neigen dazu, umfassende Verschwörungserzählungen zu verbreiten, etwa über angebliche Komplotte globaler Eliten oder „feindlicher“ Gruppen, die angeblich die nationale Identität oder die Rechte des Volkes untergraben wollen.

Beispiele für rechtsradikale Gruppen sind etwa Neonazi-Bewegungen oder Gruppierungen, die offen rassistische oder antisemitische Positionen vertreten und sich gegen demokratische Grundwerte stellen. Gegenüberstellung:

  1. Rechtspopulismus: Setzt auf eine stark vereinfachte, emotionale Rhetorik, nationalistische Politik und eine „Wir gegen die“-Mentalität, bewegt sich jedoch im Rahmen der demokratischen Ordnung. Ziel ist oft eine Umgestaltung der Demokratie, aber nicht deren Abschaffung.
  2. Rechtsradikalismus: Geht weiter und lehnt die demokratischen Grundwerte und Prinzipien ab. Er vertritt autoritäre, nationalistische und oft rassistische Ideologien und ist bereit, diese notfalls auch mit Gewalt durchzusetzen.

Der Hauptunterschied liegt in der Radikalität der Ansichten und der Ablehnung oder Akzeptanz demokratischer Grundwerte: Während Rechtspopulisten die Demokratie zwar kritisieren, aber nicht vollständig ablehnen, verfolgen Rechtsradikale oft das Ziel, die demokratische Ordnung zu beseitigen oder stark zu untergraben.

 

Überschneidungen

 

Rechtspopulismus und Rechtsradikalismus haben einige Überschneidungen, insbesondere in den politischen Zielen, der Art der Rhetorik und den Themen, die sie ansprechen. Diese Überschneidungen betreffen vor allem Themen wie Nationalismus, Einwanderungskritik, und Anti-Establishment-Rhetorik, wobei der Grad der Radikalität und die Zielsetzungen unterschiedlich ausfallen.

Hier Beispiele, bei denen Überschneidungen von Rechtspopulismus und Rechtsradikalismus gegeben sind:

  • Nationalismus
    • Sowohl Rechtspopulisten als auch Rechtsradikale propagieren eine starke Betonung der nationalen Identität und stellen nationale Interessen über internationale Verpflichtungen. Beide Strömungen wenden sich häufig gegen Globalisierung, multikulturelle Gesellschaften und supranationale Institutionen.
      • Rechtspopulismus: Rechtspopulistische Parteien betonen die Bedeutung nationaler Souveränität und kritisieren die Europäische Union und internationale Verträge als Bedrohung für die nationale Identität. Sie sprechen davon, dass "wahre Volk" vor den Auswirkungen der Globalisierung und der Migration zu schützen.
      • Rechtsradikalismus: Rechtsradikale Gruppen gehen noch weiter und verbinden ihren Nationalismus häufig mit einer ethnischen Komponente. Sie propagieren die Idee, dass nur Menschen einer bestimmten Abstammung, einer ethnischen Homogenität zur Nation gehören.
  • Einwanderungskritik
    • Einwanderung ist eines der zentralen Themen, in dem sich Rechtspopulismus und Rechtsradikalismus stark überschneiden. Beide Bewegungen betrachten Migration als Bedrohung für die nationale Kultur und Sicherheit, unterscheiden sich jedoch (vordergründig) in der Intensität und Radikalität ihrer Ansichten.
      • Rechtspopulismus: Rechtspopulisten plädieren häufig für strengere Grenzkontrollen, eine restriktive Migrationspolitik und die Integration von Zuwandernden in die nationale Kultur. Sie argumentieren, dass zu viel Einwanderung die sozialen Systeme belaste und zu kulturellen Spannungen führe.
      • Rechtsradikalismus: Rechtsradikale Strömungen vertreten meist eine noch extremere Position. Sie sprechen sich oft gegen jegliche Zuwanderung aus und verbreiten rassistische oder xenophobe Ansichten. Sie sehen Migrantinnen und Migranten nicht nur als wirtschaftliche oder kulturelle Bedrohung, sondern auch als feindliche Elemente, die aus dem Land entfernt werden müssen. Solche Gruppen treten vehement für eine (auch zwangsweise) "Remigration" ein, also die Rückführung von Migrantinnen und Migranten in ihre Herkunftsländer.
  • Kritik am Establishment und Anti-Eliten-Rhetorik
    • Beide Strömungen teilen eine scharfe Kritik an den politischen und wirtschaftlichen Eliten, wobei sie sich als Stimme des "wahren Volkes" gegen das Establishment positionieren. Diese Rhetorik wird sowohl im Rechtspopulismus als auch im Rechtsradikalismus genutzt, um das Vertrauen in die bestehenden politischen Strukturen zu untergraben.
      • Rechtspopulismus: Rechtspopulistinnen und Rechtspopulisten nutzen diese Rhetorik, um traditionelle Parteien und Institutionen zu kritisieren, denen sie vorwerfen, nicht mehr im Interesse des Volkes zu handeln. Sie stellen sich selbst als Anti-Establishment-Kräfte dar, die gegen die "abgehobenen Eliten" kämpfen.
      • Rechtsradikalismus: Rechtsradikale Gruppen gehen über diese Systemkritik hinaus und sehen das gesamte politische System als illegitim an. Sie neigen dazu, radikalere Maßnahmen zu fordern, wie die Abschaffung der demokratischen Ordnung oder die Errichtung eines autoritären Regimes. Sie verbreiten auch häufig Verschwörungserzählungen über angebliche Eliten, die das Land kontrollieren oder es "verraten".
  • Fremdenfeindlichkeit und Rassismus
    • Ein weiteres Überschneidungsfeld zwischen Rechtspopulismus und Rechtsradikalismus ist der Umgang mit Fremdenfeindlichkeit und Rassismus. Beide Bewegungen nutzen Ängste vor dem „Fremden“, wenn auch mit unterschiedlichen Ausprägungen.
      • Rechtspopulismus: Rechtspopulistinnen und Rechtspopulisten äußern oft unterschwellige Fremdenfeindlichkeit und sprechen von der "Bedrohung" durch andere Kulturen und Ethnien, besonders in Zusammenhang mit Migration und Flüchtlingen. Sie behaupten, dass die kulturelle Identität des eigenen Landes durch Migration gefährdet sei. Rechtspopulistinnen und Rechtspopulisten betonen jedoch, dass sie nicht rassistisch seien, sondern lediglich die nationale Kultur bewahren wollten.
      • Rechtsradikalismus: Rechtsradikale gehen weiter und vertreten offen rassistische Positionen. Sie propagieren offen die Überlegenheit der eigenen Ethnie und lehnen ethnische oder kulturelle Vielfalt entschieden ab. Sie betrachten bestimmte Gruppen (z.B. Migranten, Juden, Muslime) als Bedrohung und fordern häufig die Ausgrenzung oder Vertreibung dieser Gruppen.
  • Kritik an supranationalen Organisationen
    • Sowohl Rechtspopulisten als auch Rechtsradikale kritisieren supranationale Organisationen wie die Europäische Union oder die Vereinten Nationen, weil sie diese als Bedrohung für die nationale Souveränität ansehen.
      • Rechtspopulismus: Rechtspopulistinnen und Rechtspopulisten fordern oft Reformen oder die Rückgewinnung von Kompetenzen von supranationalen Organisationen.
      • Rechtsradikalismus: Rechtsradikale sehen diese Organisationen als Teil einer umfassenderen Verschwörung, die darauf abzielt, nationale Identitäten zu zerstören und eine globale Kontrolle durch Eliten zu etablieren. Sie fordern nicht nur den Austritt aus solchen Organisationen, sondern die vollständige Ablehnung ihrer Legitimität.

Fazit: Rechtspopulismus und Rechtsradikalismus überschneiden sich in den Bereichen Nationalismus, Migration, Kritik an Eliten und Fremdenfeindlichkeit, wobei der entscheidende Unterschied in der Radikalität der Ansichten und der Bereitschaft zur Gewalt liegt. Rechtspopulistinnen und Rechtspopulisten nutzen oft eine gemäßigtere Rhetorik, die innerhalb demokratischer Systeme bleibt, während Rechtsradikale extreme und oft autoritäre oder antidemokratische Positionen vertreten.

 

Was geht in einer Demokratie und was nicht?

 

In Österreich kann, die Bezeichnung „rechtsradikal“ zulässig sein, wenn sie auf eine Person oder Gruppe angewendet wird, die objektiv als Anhänger bzw. Anhängerin von extrem rechten politischen Ansichten oder Ideologien angesehen wird. Dabei kommt es stark auf den Kontext an, in dem der Begriff verwendet wird. Grundsätzlich greift in Österreich das Recht auf freie Meinungsäußerung, das jedoch durch den Schutz der Ehre und das Verbot der Verhetzung begrenzt ist.

 

Zulässigkeit der Bezeichnung „rechtsradikal“

In der Rechtsprechung wird eine Abwägung zwischen der Meinungsfreiheit und dem Schutz der persönlichen Ehre vorgenommen. Wichtig sind dabei der Wahrheitsgehalt und die Kontextualisierung der Aussage.

 

Zulässige Verwendung:

  • Beschreibung von Positionen oder Parteien: Wenn sich eine Partei, Organisation oder Person durch ihre öffentlichen Aussagen, Programme oder Aktionen klar rechtsextremen Positionen zuordnet (bspw. die Ablehnung der Demokratie, offene Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus oder die Forderung nach einer autoritären Regierung), kann die Bezeichnung „rechtsradikal“ rechtlich zulässig sein.
    • Beispiel: Eine rechtsextreme Gruppe, die wiederholt zu Gewalt gegen Minderheiten aufruft, kann als „rechtsradikal“ bezeichnet werden. Auch Parteien, deren Programme oder Rhetorik extrem nationalistisch oder rassistisch sind, können diesen Begriff rechtlich zulassen.
  • Journalistische oder wissenschaftliche Analyse: In der politischen Wissenschaft oder im Journalismus könnte der Begriff „rechtsradikal“ verwendet werden, um politische Strömungen zu beschreiben, die objektiv am rechten Rand des politischen Spektrums stehen. Es wird jedoch erwartet und vorausgesetzt, dass dies sachlich und fundiert geschieht.
    • Beispiel: Ein Artikel, der bspw. die politische Geschichte einer Partei von den Gründungsjahren bis heute analysiert und auf rechtsextreme Strömungen innerhalb der Partei hinweist, könnte den Begriff „rechtsradikal“ zulässig verwenden, wenn dies durch konkrete Beispiele untermauert werden kann.
  • Gerichtsurteile: Gerichte haben den Begriff „rechtsradikal“ in der Vergangenheit als zulässig erachtet, wenn er sich auf Tatsachen stützt und die betroffene Person, Vereinigung oder Organisation tatsächlich radikale rechte Positionen vertritt.

Unzulässige Verwendung:

  • Die Bezeichnung ist nicht zulässig, wenn sie nicht auf nachprüfbaren Tatsachen basiert und eine bloße Diffamierung darstellt. In solchen Fällen könnte eine Ehrenbeleidigung oder so etwas wie eine üble Nachrede vorliegen.
    • Beispiel: Jemanden grundlos als „rechtsradikal“ zu bezeichnen, ohne dass diese Person öffentlich entsprechend auftritt oder entsprechende Positionen vertritt, könnte eine Klage auf Unterlassung oder Schadenersatz nach sich ziehen.

Praktische Beispiele:

  • Zulässig: Ein Politiker, der sich laut für die Abschaffung der Demokratie ausspricht und offen gegen Minderheiten hetzt, könnte in einem Zeitungsartikel als „rechtsradikal“ bezeichnet werden.
  • Unzulässig: Eine konservative Politikerin ohne konkrete Anhaltspunkte pauschal als „rechtsradikal“ zu bezeichnen, weil sie eine restriktive Migrationspolitik vertritt, könnte als ehrenrührig eingestuft werden und zu rechtlichen Konsequenzen führen.

Insgesamt ist also die Bezeichnung „rechtsradikal“ in Österreich zulässig, sofern sie durch konkrete Tatsachen oder politische Handlungen gerechtfertigt ist, nachgewiesen werden kann und sachlich verwendet wird. Andernfalls könnte sie zu zivilrechtlichen Konsequenzen führen. Wenn Interesse und Bedarf bestehen, unterstützen wir dich gerne. Reden wir darüber! Unsere Angebote zu diesem Themenbereich:


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