
Was, wenn es fehlt?
Die Folgen mangelnder Bildung
Autor: Manfred Hofferer & Team Bildungspartner Österreich, © BPÖ 2025
Was geschieht, wenn in einer Gesellschaft Bildung weniger wird bzw. fehlt? Eine Gesellschaft mit schwacher oder ohne Bildung steht vor tiefgreifenden Herausforderungen. Warum? Bildung ist weit mehr als das Erlernen von Fachwissen – sie ermöglicht persönliche Entwicklung und Entfaltung, gesellschaftliche Teilhabe, fördert kritisches Denken und sichert zudem soziale Stabilität und wirtschaftlichen Fortschritt. Ist dieser essenzielle Baustein schlecht ausgebildet oder fehlt er, entstehen erhebliche Probleme, die sich nachteilig auf alle individuellen und kollektiven Lebens- und Wirtschaftsbereiche auswirken.
Soziale Ungleichheit breitet sich aus
Bildung schafft Chancen und ermöglicht soziale Sicherheit und Aufstieg. Wenn Wissen und Kompetenzen ungleich verteilt sind, profitieren wenige, während die größten Teile der Bevölkerung vom Zugang zu besseren Lebensbedingungen ausgeschlossen bleiben. Das führt nicht nur zu individuellen Nachteilen, sondern auch zu gesellschaftlichen Spannungen, da Ungerechtigkeit das Vertrauen in soziale Gemeinschaften und Institutionen schwächt. Beispielsweise zeigt sich in vielen Ländern, dass Bildungsbenachteiligung regelhaft mit höherer Armutsquote, schlechterer bis gänzlich fehlender Gesundheitsversorgung und stark begrenztem politischen Einfluss einhergeht. Durch ungleiche Bildungschancen entstehen generationenübergreifende Ungleichheiten, die schwer zu durchbrechen sind.
Konflikte und gesellschaftliche Spaltung nehmen zu
Wissen fördert Verständnis für unterschiedliche Perspektiven. Bildung vermittelt nicht nur Faktenwissen, sondern vor allem soziale und kommunikative Kompetenzen, die für eine friedliche und solidarische Gesellschaft essenziell sind. Ohne Bildung wachsen Vorurteile, Intoleranz und soziale Spaltungen und Radikalisierungen nehmen zu, da fehlende Informationsquellen und mangelnde Aufklärung zu Fehlinterpretationen und Misstrauen führen. Wenn Menschen nicht gelernt haben, sich mit Argumenten auseinanderzusetzen, Meinungen abzuwägen und Kompromisse zu finden, steigen die Risiken für persönliche und gesellschaftliche Konflikte, und das öffnet der politischen Radikalisierung Tür und Tor. Studien zeigen, dass höhere Bildungsniveaus mit einer größeren Akzeptanz gegenüber anderen Kulturen, Meinungen und Haltungen einhergehen.
Demokratie gerät in Gefahr
Gebildete Gesellschaften basieren auf informierten und mündigen Bürgerinnen und Bürgern, die in der Lage sind, gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Prozesse zu verstehen und kritisch zu hinterfragen. Eine fundierte Bildung fördert die Kompetenz, komplexe Sachverhalte zu analysieren, Argumente und Daten zu bewerten und zwischen verlässlichen und irreführenden Informationen zu unterscheiden. Fehlende Bildung macht Manipulation leichter, was autoritären Strukturen und Desinformation Vorschub leistet. Wer nicht gelernt hat, Informationen kritisch zu hinterfragen, ist anfälliger für populistische Rhetorik und Fake News, wie es sich beispielsweise in der Verbreitung von Verschwörungsideen zeigt. Besonders in Zeiten von digitalen Medien und sozialen Netzwerken, in denen Desinformation gezielt verbreitet wird, ist Medienkompetenz ein entscheidender Bestandteil der Bildung. Die Kompetenz, zwischen Fakten und Meinungen zu unterscheiden und sich auf wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse zu stützen, ist essenziell für eine funktionierende Demokratie und den Schutz demokratischer Institutionen.
Wirtschaftliche Stabilität wird erschüttert
Bildung ist ein entscheidender Faktor für wirtschaftlichen Erfolg. Fehlt sie, entstehen Qualifikationslücken auf dem Arbeitsmarkt, die langfristig zu einer steigenden Arbeitslosigkeit führen. Unternehmen finden keine Fachkräfte, Innovationen bleiben aus und wirtschaftlicher Stillstand oder gar Rückschritt sind die Folge. Eine ungebildete Gesellschaft verliert ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit. Eine Neuigkeit ist, dass Länder mit einem hohen Bildungsniveau tendenziell eine stärkere Wirtschaft und ein höheres Durchschnittseinkommen haben, während bildungsarme Staaten unter stagnierendem Wachstum und damit verbundener Armut leiden. In Europa gibt es eine ganze Reihe von Beispielen, die bspw. mit einem dualen Ausbildungssystem eine hohe Beschäftigungsrate und stabile Wirtschaftszahlen erreichen. Im Gegensatz dazu zeigen Länder mit geringen Investitionen in Bildung auch entsprechend niedrigere Löhne und eine größere Abhängigkeit von ausländischen Fachkräften. Das führt nicht nur zu wirtschaftlichen Problemen, sondern auch zu sozialen Spannungen und einer zunehmenden Kluft zwischen qualifizierten und unqualifizierten Arbeitskräften.
Innovationskraft schwindet
Technologischer, sozialer und wissenschaftlicher Fortschritt setzen gut ausgebildete Fachkräfte voraus. Bildung ermöglicht es, neue Technologien zu entwickeln, innovative Geschäftsmodelle zu schaffen und komplexe Probleme – bspw. im Gesundheitsbereich – zu lösen. Wenn Bildung fehlt, sinken die Möglichkeiten einer Gesellschaft, neue Lösungen für bestehende Herausforderungen zu entwickeln bzw. anstehenden Problemen kreativ und innovativ zu begegnen. Ohne kreative und analytische Köpfe bleibt eine Gesellschaft auf bestehende Strukturen angewiesen und verliert ihre Anpassungs- und Entwicklungsfähigkeit. Das zeigt sich insbesondere in Bereichen wie Künstliche Intelligenz, erneuerbare Energien, medizinische Forschung und allem, das mit Gesundheit assoziiert ist, in denen hochqualifizierte Fachkräfte erforderlich sind, um international wettbewerbsfähig zu bleiben. Bildung ist daher nicht nur eine Investition in individuelle Karrieren, sondern auch in die Zukunftsfähigkeit eines Landes.
Solidarität und soziales Bewusstsein lösen sich auf
Bildung fördert Verantwortungsbewusstsein und Empathie. Bekannt ist, dass Menschen mit höherem Bildungsniveau eher zu sozialem Engagement neigen, kooperative Problemlösungen bevorzugen und sich stärker für gesellschaftliche Belange einsetzen. Gebildete Gesellschaften leben bspw. von einer höheren Bereitschaft zur ehrenamtlichen Arbeit in lokalen Initiativen oder sozialen und politischen Bewegungen, als das in anderen Gesellschaften der Fall ist. Zudem korreliert ein höherer Bildungsgrad mit einer ausgeprägteren Bereitschaft zur Wahlbeteiligung und dem Eintreten für demokratische Werte. Wer gesellschaftliche Zusammenhänge versteht, handelt reflektierter, kann komplexe soziale Probleme besser erfassen und übernimmt Verantwortung für sich und andere. Ohne diesen Blick für das große Ganze entstehen Egoismus, soziale Isolation und ein mangelndes Bewusstsein für die Bedeutung von Solidarität, was langfristig den gesellschaftlichen Zusammenhalt bedroht und gefährdet.
Ausblick
Die Bedeutung von Bildung für eine stabile und gerechte Gesellschaft kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Sie entscheidet über soziale Mobilität, wirtschaftliche Chancen und politische Mündigkeit. Eine nachhaltige Bildungsförderung ist daher essenziell, um langfristig Zusammenhalt, Fortschritt und Demokratie zu sichern. Die Frage ist nicht, ob Bildung Priorität haben muss, sondern wie sie für alle zugänglich gemacht werden kann. Dazu gehören Investitionen in frühkindliche Bildung, kostenlose oder erschwingliche Bildungsangebote in der Jugend- und Erwachsenenbildung genauso wie gezielte Förderprogramme für benachteiligte Gruppen. Dabei kommt es auf eine kontinuierliche Anpassung an gesellschaftliche und technologische Veränderungen an, um Bildung zukunftsfähig zu gestalten.
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