Gerechte Bildung

Versteckte Sexismen

Bildungsmarketing im Fokus

Sexismus in der Bewerbung von Bildungsangeboten ist ein tiefgreifendes Problem, das subtil und unbewusst geschieht. Durch geschlechtsspezifische Sprache, Bilder und die Betonung stereotyper Rollenbilder werden von klein auf die Weichen für Bildungs- und Karrierewege gestellt. Diese Form der Beeinflussung beschränkt nicht nur die freie Entfaltung und Berufswahl von Individuen, sondern zementiert auch gesamtgesellschaftliche Ungleichheiten.

 

Die kritische Auseinandersetzung mit der Art und Weise, wie Bildung vermarktet wird, ist daher ein entscheidender Schritt zu mehr Chancengleichheit. Im Kern geht es darum, verborgene Botschaften zu erkennen und zu hinterfragen, um allen Menschen, unabhängig von ihrem Geschlecht, die gleichen Möglichkeiten zu eröffnen.

 

Die Macht der Worte und Bilder: Subtile Stereotype

Sprache und visuelle Darstellungen sind die zentralen Werkzeuge im Bildungsmarketing. Sie formen nicht nur die Wahrnehmung eines Angebots, sondern transportieren auch implizite Botschaften darüber, für wen dieses Angebot gedacht ist. Oftmals geschieht das nicht mit böser Absicht, sondern durch die unreflektierte Übernahme tradierter Rollenbilder. So werden beispielsweise technische Studiengänge oder Kurse im Bereich Führung und Management häufig mit Adjektiven wie „durchsetzungsstark“, „analytisch“ und „wettbewerbsorientiert“ beworben. Diese Begriffe sind kulturell stark männlich konnotiert und können Frauen unterbewusst signalisieren, dass sie hier nicht die primäre Zielgruppe sind oder nicht die „passenden“ Eigenschaften mitbringen.

 

Im Gegensatz dazu werden soziale, pflegerische oder pädagogische Berufe oft mit Vokabular wie „einfühlsam“, „fürsorglich“ und „kommunikativ“ umschrieben, allesamt Eigenschaften, die gesellschaftlich dem weiblichen Stereotyp zugeordnet werden. Das schreckt potenzielle männliche Bewerbende ab, die sich mit diesen Attributen nicht identifizieren oder befürchten, in einem „Frauenberuf“ nicht ernst genommen zu werden.

 

Die Bildsprache verstärkt diesen Effekt massiv. Zeigen die Broschüren für einen Informatikkurs ausschließlich junge Männer vor Bildschirmen, fühlen sich Frauen weniger angesprochen. Umgekehrt festigen Bilder von ausschließlich Frauen in Pflege- oder Bildungsberufen das Klischee, dass Männer für diese Tätigkeiten ungeeignet seien. Selbst die Farbgebung spielt eine Rolle: Technische und wissenschaftliche Prospekte sind in der Regel in kühlen Blau- und Grautönen gehalten, während soziale und kreative Fächer nicht selten in warmen, pastelligen Farben beworben werden. Diese subtilen Codes schaffen eine unsichtbare Barriere und lenken Interessen bereits in einem frühen Stadium in geschlechtsspezifische Bahnen, noch bevor sich die jungen Menschen aktiv mit den Inhalten auseinandersetzen.

 

Gendermarketing in der Fächerauswahl: Rosa für Mädchen, Blau für Buben

 

Das gezielte Ansprechen von Geschlechtern im Marketing, auch Gendermarketing genannt, beginnt bereits im Kindesalter und setzt sich nahtlos in der Bewerbung von Bildungsangeboten fort. Das Prinzip „Rosa für Mädchen, Blau für Jungen“ manifestiert sich immer noch in der Aufmachung und Beschreibung von Kursen und Studienfächern. Experimentierkästen für Chemie oder Physik werden mit männlichen Personen auf der Verpackung beworben, während Bastelsets oder Sprachkurse vorwiegend mit weiblichen Personen illustriert werden. Diese frühe Prägung schafft eine Assoziationskette im Gehirn: Technik und Naturwissenschaften sind „für Buben“, Kreatives und Soziales sind „für Mädchen“.

 

Diese Stereotypisierung findet sich auch in der Bewerbung für höhere Bildung wieder. Tage der offenen Tür an technischen Universitäten richten ihre Werbung nicht selten unbewusst an ein männliches Publikum, indem sie technische Details und Karriereaussichten in den Vordergrund stellen, die traditionell als männliche Interessen gelten. Initiativen wie der „Girls' Day“ sind zwar wichtige Instrumente, um gegenzusteuern, bestätigen aber paradoxerweise das Problem, dass Mädchen eine „besondere“ Einladung benötigen, um sich für MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) zu interessieren.

 

Ein klassisches Beispiel ist die Bewerbung von Studiengängen. Ein Maschinenbaustudium wird mit Bildern von Motoren, Rennwagen und großen Industrieanlagen beworben werden, Motiven, die kulturell eher Männer ansprechen. Dabei könnten dieselben Inhalte auch über den Aspekt der Nachhaltigkeit, der Medizintechnik oder des Designs beworben werden, was potenziell ein breiteres und diverseres Publikum anziehen würde. Die selektive Präsentation von Inhalten, die an geschlechtsspezifische Interessen appellieren, ist eine wirksame, aber höchst problematische Marketingstrategie, die die Vielfalt der Talente und Interessen innerhalb der Geschlechter ignoriert und das Potenzial von Individuen von vornherein einschränkt.

 

Langfristige Folgen: Einfluss auf Berufswahl und Gehaltslücke

Die sexistische Bewertung von Bildung hat weitreichende und handfeste Konsequenzen für den gesamten Lebensweg und die Gesellschaft. Wenn jungen Menschen durch Marketingmaterialien suggeriert wird, dass bestimmte Felder für ihr Geschlecht unpassend sind, beeinflusst das direkt ihre Bildungs- und Berufswahl. Weibliche Personen, die ständig damit konfrontiert werden, dass Technik und IT eine Männerdomäne sind, entwickeln möglicherweise weniger Selbstvertrauen in ihre mathematischen und analytischen Fähigkeiten, ein Phänomen, das als Stereotype Threat bekannt ist. Sie meiden diese Fächer, selbst wenn sie eine hohe Begabung dafür haben, und wenden sich den Bereichen zu, die ihnen als „passend“ präsentiert wurden.

 

Dieser Umstand führt zu einer horizontalen Segregation des Arbeitsmarktes: Frauen sind in sozialen, pflegerischen und erzieherischen Berufen (dem SOK-Sektor) stark überrepräsentiert, während Männer die MINT-Berufe dominieren. Diese Segregation ist eine der Hauptursachen für den Gender Pay Gap, die geschlechtsspezifische Lohnlücke. Berufe mit einem hohen Frauenanteil werden systematisch schlechter bezahlt als Berufe im MINT-Sektor, die eine vergleichbare Qualifikation erfordern. Die Weichen für diese finanzielle Ungleichheit werden also bereits im Bildungssystem und dessen Bewerbung gestellt.

 

Darüber hinaus geht der gesamten Volkswirtschaft enormes Potenzial verloren. Der Mangel an Fachkräften in den MINT-Berufen könnte durch einen höheren Frauenanteil gemildert werden. Gleichzeitig fehlt es im sozialen Sektor an männlichen Vorbildern und Fachkräften, was ebenfalls negative Auswirkungen hat, beispielsweise in der frühkindlichen Bildung. Die Einschränkung der Berufswahl durch sexistische Werbung beraubt also nicht nur Individuen ihrer Chancen, sondern schadet auch dem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Fortschritt, indem sie die freie Zirkulation von Talenten verhindert.

 

Unbewusste Vorurteile (Unconscious Bias) bei Erstellern

Ein wesentlicher Grund für die Beständigkeit von Sexismen im Bildungsmarketing sind unbewusste Vorurteile, auch bekannt als Unconscious Bias. Marketingverantwortliche, Designerinnen und Designer sowie Texterinnen und Texter sind selbst Teil einer Gesellschaft, die von Geschlechterstereotypen geprägt ist. Diese tief verankerten, unbewussten Denkmuster beeinflussen ihre kreativen und strategischen Entscheidungen, ohne dass sie es merken oder beabsichtigen. Sie greifen auf bekannte Bilder und Narrative zurück, weil diese mental leicht verfügbar und kulturell verständlich sind.

 

Wenn ein Marketingteam beauftragt wird, eine Kampagne für einen neuen IT-Studiengang zu entwickeln, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass das mentale Bild, das sie von einem „typischen“ IT-Experten haben, männlich ist. Folglich wählen sie Bilder, Sprache und Beispiele, die dieses unbewusste Bild widerspiegeln. Dies ist kein Akt bewusster Diskriminierung, sondern das Ergebnis kognitiver Kurzschlüsse. Das Gehirn neigt dazu, Informationen schnell in bekannte Kategorien einzuordnen, um Komplexität zu reduzieren. Geschlechterstereotype sind eine solche Kategorie.

 

Ein weiterer Aspekt ist die sogenannte Bestätigungstendenz (Confirmation Bias). Wenn Marketingmaterialien, die auf Stereotypen basieren, in der Vergangenheit erfolgreich waren (z. B. eine hohe Anmeldezahl von Männern für einen Technikkurs), wird das als Bestätigung dafür gewertet, dass die Strategie funktioniert. Dass damit gleichzeitig eine große Gruppe potenzieller Interessentinnen ausgeschlossen wurde, fällt dabei nicht ins Gewicht oder wird nicht als Problem wahrgenommen. Um diesen Kreislauf zu durchbrechen, ist es notwendig, bei den Erstellenden von Bildungswerbung ein Bewusstsein für diese unbewussten Mechanismen zu schaffen. Schulungen zu Unconscious Bias, die Etablierung von diversen Teams und die Implementierung von klaren Richtlinien für eine inklusive Sprache und Bildwelt sind entscheidende Schritte, um sicherzustellen, „dass Bildungswerbung nicht unwillentlich zu einem Instrument der Exklusion wird.

 

Strategien für eine inklusive und genderneutrale Bildungsbewerbung

Um Sexismen im Bildungsmarketing entgegenzuwirken, bedarf es bewusster und proaktiver Strategien. Ziel muss es sein, Bildungsangebote so zu präsentieren, dass sich alle Menschen gleichermaßen angesprochen fühlen und ihre Entscheidungen auf Basis ihrer tatsächlichen Interessen und Talente treffen können.

 

Ein zentraler Ansatzpunkt ist die Sprache. Anstelle von genderbehafteten Adjektiven muss der Fokus auf den zu erwerbenden Kenntnissen, Fertigkeiten und Kompetenzen und den Inhalten des Bildungsangebots liegen. Statt einen Managementkurs als „durchsetzungsstark“ zu bewerben, könnte man die Inhalte beschreiben: „Lernen Sie, Teams effektiv zu leiten, Projekte zu planen und Konflikte konstruktiv zu lösen.“ Die Verwendung von genderneutralen Formulierungen oder dem Gendersternchen (z. B. „Student*innen“) ist ebenfalls ein wichtiges Signal für Inklusivität.

 

Die visuelle Gestaltung muss Diversität abbilden. Anstatt nur ein Geschlecht darzustellen, müssen Werbematerialien eine Vielfalt von Menschen zeigen, unterschiedlichen Geschlechts, unterschiedlicher ethnischer Herkunft und unterschiedlichen Alters. Das signalisiert, dass jede und jeder willkommen ist. Es ist auch wirkungsvoll, Stereotype aktiv zu durchbrechen, indem man beispielsweise eine Frau beim Schweißen oder einen Mann in einer Betreuungssituation zeigt.

 

Des Weiteren kann die Fokussierung der Inhalte variiert werden, um ein möglichst breites Publikum anzusprechen. Ein Ingenieurstudium kann nicht nur über die technische Komponente, sondern auch über seine kreativen, sozialen und umweltrelevanten Aspekte beworben werden, wie die Entwicklung von Prothesen, den Bau von nachhaltigen Gebäuden oder die Gestaltung von benutzerfreundlichen Technologien.

 

Schließlich ist die interne Sensibilisierung unerlässlich. Institutionen müssen ihre Marketingverantwortlichen und -teams regelmäßig zu Themen wie Unconscious Bias, gendergerechter Sprache und inklusiver Kommunikation schulen. Die Entwicklung eines Leitfadens für gendergerechtes Marketing kann dabei helfen, Standards zu etablieren und sicherzustellen, dass alle Materialien vor der Veröffentlichung auf stereotype Darstellungen überprüft werden. Durch die Kombination dieser Strategien kann Bildungsmarketing seiner eigentlichen Aufgabe gerecht werden: Türen zu öffnen, statt sie zu verschließen.

 

Zusammenfassung

Die Bewerbung von Bildung und Bildungsveranstaltungen ist (wer genau hinschaut, sieht das) häufig von subtilen, aber wirkungsvollen Sexismen durchzogen. Durch geschlechtsspezifische Sprache, stereotype Bilder und eine einseitige Betonung von Inhalten werden Bildungswege unbewusst in traditionelle Bahnen gelenkt. Das schränkt nicht nur die individuelle Freiheit der Bildungswahl ein, sondern trägt auch maßgeblich zur Verfestigung der geschlechtsspezifischen Segregation am Arbeitsmarkt und zur Lohnlücke bei. Die Ursachen liegen in der Regel in unbewussten Vorurteilen der Erstellenden von Marketingmaterialien. Um mehr Chancengleichheit zu schaffen, ist ein Umdenken erforderlich: Durch eine bewusste, inklusive und genderneutrale Ansprache in Text und Bild kann Bildungsmarketing dazu beitragen, Potenziale zu entfesseln und allen Menschen, unabhängig von ihrem Geschlecht, den Zugang zu allen Bildungsbereichen zu ermöglichen.

 

Ein Hinweis, um mögliche Missverständnisse zu vermeiden. Der Beitrag verwendet hauptsächlich Beispiele, die auf dem binären Geschlechterverständnis (Mann/Frau) basieren. Das hat einen einfachen Grund: Der Großteil des historisch gewachsenen und heute noch sichtbaren Sexismus im Bildungsmarketing operiert entlang genau dieser Linie. Stereotype wie „Technik ist für Jungs“ und „Soziales ist für Mädchen“ sind die am weitesten verbreiteten und am tiefsten verankerten Klischees. Der Beitrag beschreibt also zunächst das sichtbarste Problem.

 

Die eigentliche Inklusivität, die weit über das binäre System hinausgeht, findet sich in den beschriebenen Prinzipien und Lösungsstrategien:

  • Grundprinzip: Das Ziel ist, Marketing so zu gestalten, dass sich alle Menschen angesprochen fühlen und ihre Wahl nach Interesse und Talent treffen können, nicht aufgrund von gesellschaftlichen Geschlechternormen. Das schließt explizit auch non-binäre, intergeschlechtliche und alle anderen Personen der LGBTQIA+-Community ein, die durch starre Geschlechterrollen unsichtbar gemacht oder in eine Schublade gezwängt werden.
  • Sprache: Der Beitrag empfiehlt explizit genderneutrale Formulierungen und die Verwendung des Gendersternchens und die geschlechtsneutralen Formulierungen. Diese Schreibweise ist bewusst dafür geschaffen, alle Geschlechtsidentitäten, also auch alle jenseits von männlich und weiblich, sprachlich sichtbar zu machen und einzubeziehen.
  • Visuelle Darstellung: Die Forderung nach der Abbildung von „Vielfalt von Menschen unterschiedlichen Geschlechts“ zielt genau darauf ab, die binäre Darstellung aufzubrechen. Es geht darum, nicht nur Männer und Frauen, sondern eine realistische und diverse Repräsentation der Gesellschaft zu zeigen.

Obwohl die Problembeschreibung sich auf die häufigsten binären Stereotype konzentriert, sind die vorgeschlagenen Lösungen universell und darauf ausgelegt, ein Umfeld zu schaffen, das für alle Geschlechter inklusiv ist. Der Kern des Beitrags ist der Abbau von jeglichen geschlechtsbezogenen Barrieren in der Bildung. 

 

Geschlechterstereotype im Bildungsmarketing zementieren Ungleichheiten. Sexistische Werbung für Bildungsangebote, die Frauen in soziale und Männer in technische Berufe drängt, lenkt die Berufswahl in traditionelle Bahnen. Das ist eine wesentliche Ursache für die Lohnlücke und verschwendet enormes Potenzial. Für Chancengleichheit ist eine genderneutrale, inklusive Kommunikation in Bildungsangeboten unerlässlich. Es muss um die Förderung individueller Talente gehen, nicht überholter Klischees.

 

Zwei passende Ohrenbeitrage dazu

Wenn Interesse und Bedarf bestehen, unterstützen wir dich zu diesem Thema gerne auch in unseren Bildungsangeboten. Reden wir darüber! Unsere aktuellen Bildungsangebote:

HINWEIS: Für die sprachliche Glättung und stilistische Vereinfachung dieses Beitrags wurden KI-basierte Tools (ChatGPT 5, Gemini 2.5 Pro, Copilot) unterstützend eingesetzt. Alle inhaltlichen Aussagen und Schlussfolgerungen wurden von Autor ausgewählt, geprüft und verantwortet. Die KI hatte keine Rolle bei der inhaltlichen Generierung oder Bewertung der Forschungslage.


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