Pädagogisches Coaching

Nicht jede und jeder darf alles

Theorie, Abgrenzung und rechtlicher Handlungsrahmen

In einer Bildungslandschaft, die von lebenslangem Lernen und der Notwendigkeit zur kontinuierlichen Kompetenzerweiterung geprägt ist, gewinnen personalisierte Unterstützungsformate noch sehr viel mehr als in der Vergangenheit eine wichtige Bedeutung. 

 

Pädagogisches Coaching etabliert sich dabei als eine zentrale Methode, die als wirksames Instrument zur Optimierung von Lernprozessen bei Teilnehmenden dient und Lehrende in der Erwachsenenbildung professionalisiert. Es bietet einen strukturierten Rahmen, um den Graben zwischen theoretischem Wissen und praktischer Anwendung zu überbrücken und die Handlungskompetenz im pädagogischen Alltag zu steigern.

 

Das Wesen des Pädagogischen Coachings: Ein Spektrum der Ansätze

Der Begriff „pädagogisches Coaching“ beschreibt ein Spektrum von Ansätzen, die sich in ihrer Methodik und der Rolle des Coaches bzw. der Coachin unterscheiden. Für das Feld der Erwachsenenbildung sind vor allem zwei Ausprägungen relevant. 

 

1. Fachspezifisch-pädagogisches Coaching

Bei diese, Ansatz handelt es sich primär um eine Form der beruflichen Weiterbildung für Lehrende, etwa für Trainierende, Dozentinnen und Dozenten sowie Ausbildende. Das Ziel ist die Unterstützung bei der Gestaltung, Durchführung und Reflexion von Bildungsangeboten in einem spezifischen Fachbereich. Langfristig soll das zur Entwicklung von u.a. „didaktischer Expertise“ führen, die sich aus didaktischen Reflexionsstrategien und fachspezifisch-pädagogischem Wissen zusammensetzt.

 

Im Gegensatz zu rein prozessorientierten Verständnissen nimmt der Coach hier eine explizit „inhaltlich intervenierende Rolle“ ein. Er oder sie ist eine sachkompetente Person mit hoher eigener fachdidaktischer Kompetenz, die den Coachees hilft, die eigene Leistung an die von Expertinnen und Experten anzunähern. Dieses Modell ist besonders bedeutsam, wenn neue, theoriebasierte Bildungskonzepte implementiert werden sollen. Die Anwendung einer neuen wissenschaftlichen Theorie erfordert nicht nur deren Verständnis, sondern auch das prozedurale Wissen, wie diese didaktisch wirksam umgesetzt wird. Ein Coach ohne Fachexpertise könnte zwar zur Selbstreflexion anregen, aber nicht die entscheidenden theoriegeleiteten Impulse liefern.

 

2. Lösungsorientiertes und systemisches Coaching

Ein zweiter Ansatz versteht die lehrenden Personen selbst als „Coach und Lernbegleitende“ für die Teilnehmenden oder sieht vor, dass Lehrende dieses Coaching zur eigenen Professionalisierung nutzen. Basierend auf Systemtheorie und Konstruktivismus liegt der Fokus hier nicht auf der inhaltlichen Expertise der Coaches, sondern auf der Prozessbegleitung. Zentrale Ziele dabei sind die Aktivierung von Ressourcen, die Arbeit an Zielen sowie die Stärkung der Kompetenzen und der Selbstverantwortung des Coachees. Die Coaches agieren als Expertinnen und Experten für den Prozess, während die Coachees als Expertinnen und Experten für die eigene Lösung betrachtet werden.

 

Unabhängig von der Ausprägung lassen sich zentrale Wirkprinzipien identifizieren: Eine doppelte Zielorientierung (Förderung des Lernens der Teilnehmenden und der didaktischen Kompetenz der Lehrenden) , der ko-konstruktive Dialog zur gemeinsamen Planung und Reflexion sowie die theoriegeleitete Praxisreflexion anhand wissenschaftlich fundierter Kriterien.

 

Abgrenzung von verwandten Beratungsformaten

Der Begriff „Coaching“ wird häufig unscharf und manchmal sogar beliebig verwendet, was zu deutlichen Verwendungs-unklarheiten führt. Eine präzise Abgrenzung ist für die professionelle Anwendung und die Klärung rechtlicher Rahmenbedingungen unerlässlich.

  • Life Coaching: Fokussiert auf die Erreichung persönlicher Lebensziele in Bereichen wie Karriere, Beziehungen oder Wohlbefinden. Die Coaches unterstützen Klientinnen und Klienten auf dem Weg von der aktuellen Situation zu einem Wunschzustand.
  • Business Coaching: Zielt auf die Verbesserung der beruflichen Leistungsfähigkeit von Einzelpersonen oder Teams im organisationalen Kontext ab, mit Schwerpunkten wie Führungskräfteentwicklung oder strategische Unternehmensentwicklung.
  • Tutoring/Fachtraining: Konzentriert sich ausschließlich auf die Behebung fachlicher Wissenslücken und das Verständnis eines spezifischen Lerninhalts („Was lerne ich?“). Pädagogisches Coaching setzt hingegen auf einer Metaebene an und thematisiert den Prozess des Lernens („Wie lerne ich?“).
  • Mentoring: Basiert auf der persönlichen Beziehung zwischen einer erfahrenen Personen (Mentor bzw. Mentorin) und weniger erfahrenen Personen (Mentees), wobei die Mentorinnen und Mentoren Wissen und Erfahrung weitergeben und als Rollenvorbild dienen.
  • Supervision: Dient der strukturierten Reflexion des beruflichen Handelns zur Qualitätssicherung und Entlastung, oft im Teamkontext.

Die Demarkationslinie: Abgrenzung zur Psychotherapie

Von größter rechtlicher und ethischer Bedeutung ist die Abgrenzung zur Psychotherapie. Coaching richtet sich an psychisch gesunde Menschen und zielt auf Entwicklung und Zielerreichung ab. Psychotherapie hingegen ist eine gesetzlich definierte Heilbehandlung für Menschen mit psychischen Störungen und Leidenszuständen mit Krankheitswert. Während Coaching primär zukunfts- und lösungsorientiert arbeitet, schließt Psychotherapie die Aufarbeitung tieferliegender Ursachen mit ein. In Österreich ist die Ausübung der Psychotherapie ein streng reglementierter Gesundheitsberuf, der eine gesetzlich definierte Ausbildung und eine Eintragung in die Psychotherapeutenliste erfordert. Der Begriff „Coaching“ ist nicht gesetzlich geschützt, seine gewerbliche Ausübung fällt jedoch unter die Regularien der Lebens- und Sozialberatung.

 

Rechtlicher Handlungsrahmen für Pädagoginnen und Pädagogen in Österreich

Die Frage, welche beratenden Tätigkeiten Lehrende in der Erwachsenenbildung ausüben dürfen, ist von zentraler praktischer Relevanz. Die Antwort ergibt sich aus dem Zusammenspiel verschiedener Gesetze, die klare Tätigkeitsvorbehalte definieren.

 

Zulässige Beratungsleistungen im pädagogischen Alltag

Der gesetzliche Auftrag von Lehrenden in der Erwachsenenbildung, verankert im Förderungsgesetz der Erwachsenenbildung und des Volksbüchereiwesens, umfasst unter anderem die berufliche Weiterbildung und Bildung als Hilfe zur Lebensbewältigung. Aus diesem Auftrag ergibt sich, dass beratende Tätigkeiten ein integraler Bestandteil der Arbeit sind. Dazu gehören:

  • Lernberatung und Vermittlung von Lernstrategien.
  • Bildungs- und Karriereberatung im Kontext des jeweiligen Bildungsangebots.
  • Beratung zum Transfer des Gelernten in die Praxis.
  • Feedbackgespräche zum Lernfortschritt.

Die Anwendung von coachenden Methoden (z.B. systemische Fragen, ressourcenorientierte Gesprächsführung) zur qualitativen Verbesserung dieser immanenten Beratungsarbeit ist Teil der professionellen Methodenfreiheit. Solange diese Tätigkeiten im Rahmen des pädagogischen Auftrags ohne separates Honorar erfolgen, sind sie rechtlich gedeckt.

 

Die unüberschreitbare Grenze: Gesetzliche Tätigkeitsvorbehalte

Die pädagogische Freiheit endet dort, wo die gesetzlich geschützten Tätigkeitsbereiche anderer Berufe beginnen.

  1. Psychotherapiegesetz (PThG): Die Ausübung der Psychotherapie ist ausschließlich approbierten Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten vorbehalten. Das umfasst die Anwendung wissenschaftlicher Methoden mit dem Ziel, Störungen mit Krankheitswert zu lindern oder zu heilen. Pädagoginnen und Pädagogen ist es strikt untersagt, Handlungen zu setzen, die als Heilbehandlung interpretiert werden könnten.
  2. Psychologengesetz 2013: Der Bereich der „klinisch-psychologischen Diagnostik“ ist ausschließlich Klinischen Psychologinnen und Psychologen vorbehalten. Das betrifft die Untersuchung und Befundung bezüglich des Vorliegens von Krankheitsbildern. Einem Erwachsenenbildner ist es daher verboten, eigenverantwortlich psychologische Testverfahren zur Diagnose einer klinisch relevanten Störung durchzuführen.

Die zentrale rechtliche und ethische Leitlinie ist die „Krankheitswert“-Doktrin. Da Pädagoginnen und Pädagogen nicht ausgebildet und befugt sind, zu beurteilen, ob ein Verhalten (z.B. extreme Prüfungsangst, depressive Verstimmungen) die Schwelle zum Krankheitswert überschreitet, stellt bereits der Versuch einer solchen Diagnose eine Grenzüberschreitung dar. Bei jedem Verdacht auf ein pathologisches Problem besteht die professionelle und rechtssichere Pflicht, die eigene beratende Tätigkeit zu beenden und eine umgehende Weiterverweisung an qualifizierte Fachstellen (Klinische Psychologie, Psychotherapie) zu veranlassen.

 

Der regulierte Weg: Das Gewerbe der Lebens- und Sozialberatung (LSB)

Für Pädagogen, die Coaching als eigenständige, professionelle Dienstleistung gegen Honorar anbieten möchten, gibt es in Österreich einen klar regulierten Weg: die Lebens- und Sozialberatung (LSB), ein reglementiertes Gewerbe nach § 119 GewO. Der offizielle Tätigkeitskatalog schließt „Beratung, Coaching, Counselling“ und „psychologische Beratung (mit Ausnahme der Psychotherapie)“ explizit ein. Um dieses Gewerbe ausüben zu dürfen, ist der Nachweis einer umfassenden theoretischen und praktischen Ausbildung erforderlich, die hunderte Stunden an Theorie, Einzelselbsterfahrung und eine fachliche Tätigkeit von mindestens 750 Stunden unter Supervision umfasst.

 

Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlungen

Pädagogisches Coaching ist ein wirksames Konzept zur Förderung von Lehr- und Lernprozessen. Seine Anwendung in Österreich wird durch eine klare Hierarchie von Tätigkeiten reguliert: die im Berufsauftrag verankerte pädagogische Beratung, das reglementierte LSB-Gewerbe und die streng geschützten Gesundheitsberufe.

 

Für die Praxis lassen sich folgende Empfehlungen ableiten:

  • Rollenklarheit schaffen: Es muss stets transparent kommuniziert werden, in welcher Rolle beraten wird - als Lehrende im pädagogischen Auftrag oder als professionelle Cochin oder Coach mit LSB-Befähigung.
  • Kompetenzen und Grenzen kennen: Lehrende können coachende Methoden zur Verbesserung ihrer Bildungsarbeit nutzen, müssen dabei aber die Grenzen ihrer rechtlichen Kompetenzen strikt einhalten.
  • Die „Krankheitswert“-Grenze respektieren: Bei jeglichen Anzeichen von psychischen Leidenszuständen, die über alltägliche Herausforderungen hinausgehen, besteht eine professionelle und ethische Pflicht zur Weiterverweisung an qualifizierte Stellen.
  • Rechtliche Rahmenbedingungen einhalten: Wer Coaching als honorierte Dienstleistung anbietet, muss den gesetzlich vorgeschriebenen Weg über die Qualifikation zur Lebens- und Sozialberatung gehen. Jede Handlung, die als Diagnostik oder Heilbehandlung interpretiert werden könnte, ist strikt zu unterlassen.

Die wachsende Bedeutung von Coaching-Kompetenzen ist unbestreitbar, aber eine fundierte Ausbildung, die neben methodischen auch rechtliche und ethische Dimensionen umfassend berücksichtigt, ist für die Professionalisierung des Berufsfeldes unerlässlich.

 

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HINWEIS: Für die sprachliche Glättung und stilistische Vereinfachung dieses Beitrags wurden KI-basierte Tools (ChatGPT 5, Gemini 2.5 Pro, Copilot) unterstützend eingesetzt. Alle inhaltlichen Aussagen und Schlussfolgerungen wurden von Autor ausgewählt, geprüft und verantwortet. Die KI hatte keine Rolle bei der inhaltlichen Generierung oder Bewertung der Forschungslage.


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