
Ideen in Form bringen
Bildungsformatentwicklung
Autor: Manfred Hofferer & Team Bildungspartner Österreich, © BPÖ 2025
Die Entwicklung eines effektiven Bildungsformats ist ein systematischer und genau durchdachter Prozess, der darauf abzielt, Lernziele nicht nur zu erreichen, sondern die Lernenden dabei bestmöglich zu unterstützen. Es geht darum, Inhalte, Lehrmethoden und strukturelle Rahmenbedingungen so miteinander zu verweben, dass sie eine positive Lernumgebung und Lernerfahrung schaffen und den gewünschten Wissens- oder Kompetenzerwerb nachhaltig fördern. Dieser Prozess ist keine Einbahnstraße, sondern ein iterativer Kreislauf aus Planung, Umsetzung, Erprobung und ständiger Verbesserung.
1. Bedarfsanalyse und Zieldefinition
Der Grundstein für jedes erfolgreiche Bildungsformat wird in dieser ersten Phase gelegt. Es ist essenziell zu verstehen, was mit dem Format erreicht werden soll und für wen es gedacht ist.
- Zielgruppenanalyse: Wer sind die potenziellen Lernenden? Dabei geht es um mehr als nur demografische Daten. Wichtig sind ihre Vorkenntnisse (Was wissen sie bereits zu diesem Thema?), ihre Bedürfnisse (Welche Probleme möchten sie lösen oder welche Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen erwerben?), ihre Motivationen (Warum wollen sie lernen und was treibt sie an?) und ihre Lernstile (Bevorzugen sie eigenverantwortliches oder angeleitetes und begleitetes Lernen?). Beispiele könnten Anfängerinnen und Anfänger ohne Vorkenntnisse, Fortgeschrittene in einem spezifischen Berufsfeld oder Personen einer bestimmten Altersgruppe sein.
- Kompetenzanalyse: Welche konkreten Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen, sollen die Lernenden am Ende des Formats beherrschen? Hier werden klare, messbare Lernziele definiert. Das kann bspw. nach dem SMART-Prinzip (Spezifisch, Messbar, Erreichbar, Relevant, Zeitlich begrenzt) formuliert werden, z.B. "Die Teilnehmenden können nach Abschluss des Moduls selbstständig eine SWOT-Analyse anhand eines Praxisbeispiels durchführen" anstatt "Die Teilnehmenden kennen die SWOT-Analyse".
- Kontextanalyse: Welche Rahmenbedingungen gibt es, welche die Entwicklung und Durchführung beeinflussen? Dazu gehören zeitliche Limits (Wie lange darf das Format dauern?), finanzielle Restriktionen (Welches Budget steht zur Verfügung?), technische Voraussetzungen (Ist eine stabile Internetverbindung oder spezielle Software nötig?) und das Lernumfeld (Soll es ein Präsenzseminar, ein reines Online-Format oder ein hybrider Ansatz sein?).
2. Konzeption und Design
Nachdem die "Was" und "Wer"-Fragen geklärt sind, geht es an das "Wie". Hier wird das detaillierte Gerüst des Bildungsformats entworfen.
- Inhaltsstrukturierung: Welche Inhalte sind absolut notwendig, um die zuvor definierten Lernziele zu erreichen? Wie werden diese Inhalte didaktisch sinnvoll reduziert und logisch aufeinander aufbauend organisiert? Das kann in Form von Modulen, Lektionen, Themenblöcken oder einer Kombination daraus geschehen. Die Progression (von einfach zu komplex, von Theorie zu Praxis) ist dabei immer wichtig und entscheidend.
- Methoden und Didaktik: Welche Zugänge und Lehrmethoden eignen sich am besten für die Zielgruppe und die spezifischen Inhalte und Lernziele? Die Auswahl ist vielfältig: klassische Vorlesungen, interaktive Workshops, kollaborative Partner- und/oder Gruppenarbeiten, realitätsnahe Fallstudien, immersive Simulationen oder flexible E-Learning-Live-Module. Das Ziel ist es, bestmöglich aktivierende Methoden zu wählen, welche die Lernenden zur aktiven Teilnahme und Reflexion anregen, statt sie passiv zu lassen.
- Medienauswahl: Welche Medien können die Inhalte am besten transportieren und das Lernen unterstützen? Das Spektrum reicht von Texten (Skripte, Handouts), visuellen Medien (Videos, Infografiken, Präsentationen), auditiven Elementen (Podcasts, Hörbeispiele oder Videos) bis hin zu interaktiven Übungen und Software-Tools. Die Medien müssen die Lernziele und -methoden stets sinnvoll unterstützen und ergänzen.
- Prüfungs- und Feedbackkonzept: Wie wird der Lernerfolg am Ende überprüft? Das können Tests (Multiple-Choice, offene Fragen), praktische Aufgaben (Projektarbeiten, Falllösungspräsentationen) oder Beobachtungen im Rahmen von Simulationen sein. Ebenso wichtig ist die Planung, wann, wie und in welcher Form die Lernenden Feedback zu ihrem Fortschritt erhalten. Das kann formativ (während des Lernprozesses) oder summativ (am Ende zur Bewertung) erfolgen.
- Zeitliche Planung: Erstellung eines detaillierten Zeitplans für das gesamte Format, inklusive ausreichend Pufferzeiten. Das bezieht sich auf die Dauer einzelner Lerneinheiten, Pausen, Zeit für Aufträge, Übungen und Diskussionen sowie für Prüfungen und Feedback.
3. Entwicklung und Produktion
In dieser Phase werden die zuvor theoretisch festgelegten Elemente realisiert. Es ist die Phase des "Machens".
- Materialerstellung: Hier werden alle notwendigen Lernmaterialien physisch oder digital erstellt. Das umfasst das Schreiben von Skripten und Handouts, die Gestaltung von Präsentationen, die Produktion von Videos und Audio-Dateien, das Erstellen von Arbeitsblättern und Fallstudien. Bei E-Learning-Formaten geht es um die Programmierung interaktiver Module, die Vorbereitung der Live-Auftritte und die Aufbereitung der Inhalte für die begleitenden Lernplattformen.
- Dozentenbriefing/Train-the-Trainer: Wenn das Bildungsformat von anderen Personen (Dozentinnen und Dozenten, Trainerinnen und Trainern) durchgeführt werden soll, ist eine umfassende Schulung und Einweisung unerlässlich. Sie müssen mit den Inhalten, der didaktischen Konzeption, den Lernzielen, den vorgesehenen Methoden und der Nutzung der Materialien vertraut gemacht werden, um eine konsistente Qualität zu gewährleisten.
- Technische Infrastruktur: Sicherstellung, dass alle technischen Voraussetzungen für die Durchführung des Formats gegeben sind. Das bedeutet die Einrichtung und Konfiguration von Lernplattformen (LMS), Videokonferenz-Tools, spezieller Software oder Hardware und die Gewährleistung ihrer Funktionsfähigkeit und Stabilität.
4. Pilotierung und Testphase
Bevor das Bildungsformat einer größeren Gruppe zugänglich gemacht wird, ist ein Testlauf unverzichtbar, um potenzielle Schwachstellen frühzeitig zu erkennen.
- Durchführung mit einer Testgruppe: Das gesamte Format wird mit einer kleinen, repräsentativen Gruppe von Lernenden durchgeführt. Diese Gruppe muss möglichst die Eigenschaften der späteren Zielgruppe widerspiegeln.
- Feedback-Sammlung: Während und nach der Pilotierung wird systematisches Feedback zu allen relevanten Aspekten gesammelt. Das kann bspw. durch Fragebögen, Interviews, Fokusgruppen oder direkte Beobachtungen erfolgen. Gefragt wird nach der Verständlichkeit der Inhalte, der Angemessenheit der Methoden, der Benutzerfreundlichkeit der Materialien, dem Engagement der Lehrenden und eventuellen technischen Problemen.
- Analyse und Optimierung: Das gesammelte Feedback wird sorgfältig und kritisch analysiert, um Schwachstellen, Unklarheiten oder Verbesserungspotenziale zu identifizieren. Basierend auf diesen Erkenntnissen werden gezielte Anpassungen und Verbesserungen am Format vorgenommen, um die Qualität und Effektivität vor dem offiziellen Start zu maximieren.
5. Implementierung und Rollout
Nachdem das Format ausreichend getestet und optimiert wurde, ist es bereit für die offizielle Einführung.
- Marketing und Kommunikation: Das Bildungsformat muss bekannt gemacht werden. Das umfasst die Bewerbung über geeignete Kanäle (Websites, soziale Medien, interne Kommunikation) und die umfassende Information der potenziellen Lernenden über Inhalte, Ziele, Ablauf, Kosten und Anmeldemodalitäten.
- Organisatorische Umsetzung: Hier geht es um die praktischen Aspekte der Durchführung: die Koordination von Terminen und Räumlichkeiten (falls Präsenz), die Verwaltung von Anmeldungen und die Betreuung der Lernenden vor, während und nach dem Format (z.B. durch Support bei technischen Fragen oder organisatorischen Anliegen).
- Durchführung: Das Format wird planmäßig durchgeführt, wobei alle vorherigen Phasen ineinandergreifen. Die Lehrenden führen die Inhalte gemäß der Konzeption durch, die Materialien stehen bereit und die technische Infrastruktur funktioniert reibungslos.
6. Evaluation und kontinuierliche Verbesserung
Die Entwicklung endet nicht mit der Durchführung; sie ist ein kontinuierlicher Prozess.
- Erfolgsmessung: Überprüfung, ob die zu Beginn definierten Lernziele tatsächlich erreicht wurden. Das kann wiederum durch abschließende Tests, Befragungen zum Wissenszuwachs, aber auch durch die Beobachtung von Verhaltensänderungen im Arbeitsalltag geschehen (Transferleistung).
- Laufendes Feedback: Systematisches Sammeln von Feedback der Lernenden und Lehrenden nicht nur nach der Pilotierung, sondern auch während und nach jeder offiziellen Durchführung. Das ermöglicht es, frühzeitig auf neue Bedürfnisse oder Probleme zu reagieren.
- Analyse und Anpassung: Regelmäßige Überprüfung der Effektivität und Relevanz des Formats. Basierend auf neu gewonnenen Erkenntnissen, technologischen Entwicklungen oder sich ändernden Bedarfen (z.B. neue Gesetze, veränderte Arbeitsmethoden u.a.) wird das Format kontinuierlich weiterentwickelt, ausgebaut und optimiert. Das reicht von kleinen Anpassungen bis hin zu grundlegenden Überarbeitungen und kompletten Neugestaltungen.
Abschließende Zusammenfassung
Die Entwicklung eines Bildungsformats ist ein komplexer und mehrphasiger Prozess, der eine akribische Planung und eine ausgeprägte Kompetenz zur kontinuierlichen Anpassung erfordert. Durch das strukturierte Vorgehen in diesen sechs Phasen, von der initialen Bedarfsanalyse über die detaillierte Konzeption, die praktische Entwicklung, die sorgfältige Pilotierung, die geplante Implementierung bis hin zur essenziellen Evaluation und Verbesserung, kann sichergestellt werden, dass ein Bildungsformat nicht nur existiert, sondern effektiv ist, die Lernenden anspricht und die gewünschten Lernerfolge nachhaltig erzielt werden können. Die Bildungsformatentwicklung ist ein lebendiger Prozess, der sich ständig weiterentwickelt, um den Bedürfnissen der Lernenden und den Anforderungen der Zeit gerecht zu werden.
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